Impuls 215. Digital Leadership: Veränderungsprozesse in Unternehmen gestalten. Den Change meistern – Teil 6

Kennen Sie noch den Film „Das Boot“ von Wolfgang Petersen? Der Film zeigt in beeindruckender Art und Weise, was in Zeiten von Veränderungsprozessen essentiell ist: Der Umgang mit Informationen. Mehr dazu in diesem Blog.
Bevor Sie darüber nachdenken, einen Veränderungsprozess in Ihrem Unternehmen zu gestalten, ist es entscheidend, die Ursachen des Status quo bzw. des Mangelzustandes auszumachen. Denn nur das ermöglicht Ihnen, die Ursache bei der Wurzel zu packen.
Überlegen Sie sich: Was ist das Ziel? Was ist die Gefahr bei Nichthandeln? Und was können Sie durch die Veränderung gewinnen?
Sind die Ziele, Marktanteile zu gewinnen, mehr Umsatz zu machen oder größere Gewinne zu erzielen? Das sind typische unternehmerische Ziele.
Change Management: Unternehmermotivation versus Mitarbeitermotivation
Was glauben Sie, wie sehr diese unternehmerischen Ziele Ihre Mitarbeiter motivieren? Immer mehr junge Menschen, die einen Beitrag leisten wollen, drängen in unsere Unternehmen. Sie wollen aber nicht nur zu größerem Gewinn, Umsatz und Marktanteilen einen Beitrag leisten, sondern auch einen Sinn in Ihrer Arbeit finden. Sie wollen eine tägliche persönliche Freude bei der Arbeit erfahren und nicht nur Schaffen, Schaffen, Schaffen und stumpf E-Mails oder Projekte abarbeiten.
Heute arbeiten verstärkt aufgeklärte, gut ausgebildete Menschen in unseren Unternehmen. Das sind Menschen, die nicht nur Karriere machen und möglichst viel verdienen wollen. Also ist bei Veränderungsprozessen auch der Sinn für die Mitarbeiter und die Freude bei der täglichen Arbeit extrem wichtig: Ein Sinn, mit dem sich Ihre Mitarbeiter identifizieren können, für den es sich lohnt, sich in die Arbeit reinzuknien, und für den es sich auch lohnt, gelegentlich mal eine Überstunde zu machen. Menschen wollen spüren, was für sie dabei herausspringt und zwar nicht nur monetär, sondern auch an Lustgewinn bei der Arbeit selbst und an der sinnvollen Wirkung der eigenen Arbeit. Früher waren Mitarbeiter vielleicht hörige Soldaten, die einfach funktionierten. Heute sind sie es nicht mehr.
Leading Change: Wertschätzende Kommunikation über Vergangenes und Geleistetes
Was heißt das für Sie als Initiator oder Treiber, der Veränderungsprozesse in Unternehmen gestalten will?
Geben Sie Ihren Mitarbeitern bei all Ihrer internen Kommunikation im Veränderungsprozess – egal in welcher Phase Sie sind – explizit das Gefühl, dass das, was bisher getan wurde, nach bestem Wissen und Gewissen passiert ist. Niemand produziert mit Absicht für die Tonne. Ihre Mitarbeiter haben viel Energie, Gehirnschmalz und auch Herzblut in das investiert, was Sie nun versuchen zu verändern. Sprechen Sie also nicht nur über das Neue, sondern machen Sie bewusst, dass das Vergangene aus einer bestimmten Perspektive Sinn gemacht hat.
Change Leadership: Von oben aufdrücken oder motivierte Mitarbeiter?
Wie ich im Rahmen einer Zusammenarbeit mit einem Kunden vor Jahren erfuhr, entwickelte einer meiner Kunden, ein Bereichsleiter in Hamburg, ein Führungs-Leitbild für seinen Bereich und seine fünf Führungskräfte. Das Führungs-Leitbild hat dieser Bereichsleiter im stillen Kämmerlein allein ausgearbeitet und schließlich seinen Mitarbeitern in einem Team-Meeting vorgestellt. Dass dieses Führungs-Leitbild indirekt ein kritisches Feedback der bisherigen Führungsqualität war – als positives Führungs-Leitbild verpackt – war ihm dabei sogar halbwegs klar, nicht aber die demotivierende Wirkung. Dass die Akzeptanz dieses Führungs-Leitbildes durch seine Führungskräfte deshalb nicht gerade sehr hoch sein würde, war ihm ebenso wenig klar. Und er wunderte sich, warum sein akribisch ausgearbeiteter Vorschlag so wenig Begeisterung auslöste.
Ein neuer Kunde überlegt gerade, Führungs-Leitsätze neu zu entwickeln. Er wollte mich für einen Workshop buchen, um so ein neues Führungs-Leitbild zu entwickeln. Nicht schlecht, immerhin wollte dieser Kunde seine Führungskräfte einbeziehen. Aber irgendetwas fehlte dabei. Genau: Die Mitarbeiter. Es fehlten die Mitarbeiter, die dann durch dieses Leitbild geführt werden. Denn Akzeptanz der Beteiligten – der Führungskräfte und der Mitarbeiter – erzielen Sie nur dann, wenn Sie alle Beteiligten mit einbeziehen. Nehmen Sie daher durchaus auch kritische Mitarbeiter und andere kritische Köpfe dazu: Betriebsräte, Personalräte und andere Mitarbeiter, deren Meinung in der Belegschaft zählt. Dann können die hinterher nicht sagen: „Ich bin vollständig dagegen, weil ich gar nicht gefragt wurde“. Im Gegenteil: Diese Mitarbeiter haben dann ja selbst kreativ mitgearbeitet.
Talent Management: Menschen wollen leisten
Ich bin davon überzeugt: Auch im digitalen Zeitalter sind Menschen grundsätzlich von dem Gedanken getragen, sich positiv einzubringen. Menschen wollen einen Beitrag leisten, einen für sie sinnvollen Beitrag. Menschen wollen mit ihrem Beitrag gesehen werden. Querulanten sind häufig diejenigen, die sich nicht genug gesehen fühlen. Wenn Sie sie in die Lösungserarbeitung einbeziehen, erhalten diese auch Anerkennung und fühlen sich gesehen.
John Kotter und das Gefühl der Dringlichkeit
John Kotter, Professor an der Harvard Business School, beschreibt in seinen Büchern immer wieder, wie Veränderungsprozesse in Unternehmen gestaltet werden können.
Der erste Schritt ist ein Erschaffen des Gefühls von Dringlichkeit. Die Mitarbeiter sollen verinnerlichen, dass Veränderungen, die ja auch Liebgewonnenes zerstören, dringend notwendig sind. Die größten Hürden entstehen an exakt dieser Stelle. Denn Menschen fühlen immer wieder, dass Ihnen etwas Persönliches weggenommen wird. Und genau das ist der Fall. Das Neue ist ungewiss, unsicher und unbekannt. Es ersetzt das Bekannte. Sie als Führungskraft haben vermutlich mehr Weitblick als Ihre Mitarbeiter, sind offener für die Veränderungen. Vielleicht sind Sie sogar der Initiator der Veränderungsprozesse im Unternehmen. Die Mitarbeiter brauchen aber eine intensive Betreuung und immer wieder Team- und Einzelgespräche mit Ihnen als Führungskraft.
Das Boot – Interne Kommunikation im Veränderungsprozess bewusst steuern
Vor Jahren hörte ich einmal den Vortrag eines U-Boot-Kapitäns. Wenn das U-Boot auf Tauchstation war, wussten nur wenige an Bord wie die Lage draußen war. Ich stellte mir das so vor, wie im Film „Das Boot“. Die Mannschaft kennt die tatsächliche Gefahr von draußen nicht, wohl aber die möglichen negativen Konsequenzen.
Also, bleiben Sie pro-aktiv im engen Dialog mit Ihrer Mannschaft. Den Satz „Meine Tür ist immer offen“ sagen leider viele Führungskräfte, die nur passiv darauf warten, dass Mitarbeiter Ihre Sorgen äußern. Was Mitarbeiter aber in den Phasen der Veränderung brauchen, sind Führungskräfte, die sich pro-aktiv der Sorgen und Nöte Ihrer Mitarbeiter annehmen, den Dialog suchen und diese nicht als querulantisch abstempeln und entsprechend mit Nichtachtung abtun. Gespräche über Unsicherheiten und Emotionen sind daher entscheidend für den Erfolg von Veränderungsprozessen. Nur mit diesem Austausch und Informationsgewinn engagieren sich Mitarbeiter für das Neue.
Die Kommunikation der Führungskräfte in Veränderungssituationen hat also wesentlich enger und intensiver zu sein. Informationen über das, was da draußen – oberhalb des U-Bootes – passiert ist, sind essentiell für handlungsfähige Mitarbeiter.
Transparenz statt vage Zielvorstellungen
Mein Ex-Arbeitgeber Unilever hatte sich einmal vorgenommen, „das beste Lebensmittelunternehmen Deutschlands“ zu sein. Von einem Tag auf den anderen hing diese Vision als DIN A3 Poster neben den Aufzügen im Erdgeschoss. Mein Chef wusste nicht, was das bedeutete. Und auch sonst niemand, den ich fragte. Weder wie und wann das gemessen werden sollte, noch, was wir nun tun sollten, um diese Vision zu erreichen. Mit anderen Worten, es war nicht einmal heiße Luft.
Je unsicherer die Menschen sind, desto weniger sind sie handlungsfähig. Also begleiten Sie Ihr Team mit den passenden Informationen. Selbst die Information, wann neue Informationen kommen, kann hilfreich sein – wenn Sie dann wirklich etwas relevantes Neues verkünden.
Digital Leadership: Fokus auf den Menschen oder die Aufgabe?
Leider haben Führungskräfte immer wieder zu wenig Zeit. Ich höre regelmäßig in meinen Führungskräftetrainings, dass Zeit für Mitarbeiter nicht nur knapp ist – Führungskräfte fühlen sich teilweise sogar gestört von Mitarbeitern, da die Führungskräfte nicht zu ihrer eigentlichen Arbeit kommen. Und das stimmt auch, es gibt sehr viel andere Arbeit, die auch schreit. Doch diese Mitarbeiter mit ihren Fragen und Themen sind die eigentliche Arbeit der Führungskräfte. Nehmen Sie sich also Zeit für Ihr Team und geizen Sie nicht mit Informationen. Schriftlich, mündlich, mehrmals. Sie werden erstaunt sein, was alles missverstanden wird. Lassen Sie doch mal Ihre Mitarbeiter die drei wichtigsten Punkte nach Ihrer Veränderungsverkündung zusammenfassen. Hören Sie dann nicht nur auf den Inhalt, sondern auch auf die innere Überzeugung des Mitarbeiters. Hat er Ihnen die Notwendigkeit wirklich abgekauft?
Digitaler Wandel: What’s in it for me?
Menschen tun nur Dinge, die Ihnen einen Nutzen bringen. Also sprechen Sie über Nutzen und Sinn (!), um Akzeptanz für den Wandel zu erzielen. Sprechen Sie über konkrete nächste Schritte, um die Sicherheit Ihrer Mitarbeiter zu erhöhen.
Vor allem aber, bleiben Sie in einem aktiven, täglichen Dialog mit Ihren Mitarbeitern, um Schwingungen und Stimmungen aufzunehmen und zu besprechen. Dies ist Ihre Kernaufgabe in Zeiten von Digitalisierung und Veränderungen.
Viel Erfolg und gute Gespräche!
Ihr Markus Jotzo
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Toller Artikel!