Impuls 308. 7 Gründe für mangelndes Vertrauen, Silent Quitting und Kündigungen – Teil 2

Erfolgs- bzw. Misserfolgsfaktor für Vertrauen 3:
Die vernichtende oder viel zu harsche Kritik
Die dritte Verhaltensweise für Vertrauensverlust? Diese Verhaltensweise kannst Du in meinem Gedankentanken-Vortrag als schauriges Erlebnis nach hören: Es ist der Moment, wenn Dich jemand elendig zusammenstaucht, weil Du einen Fehler gemacht hast. Zugegeben, den Fehler hast Du ja selbst gemacht. Du bist dafür verantwortlich. Vielleicht hast Du etwas verschlafen, vergessen oder es nicht besser gewusst. Was auch immer der Grund sein mag, es ist Dein Fehler. Nur, wenn eine Führungskraft einen Fehler mit zu viel Meckern bestraft, dann macht diese Führungskraft den nächsten Fehler.
Den Link zu meinem Gedankentanken-Vortrag findest Du in den Shownotes. Und bevor Du meinen Vater – einen der Hauptakteure in diesem Moment – verurteilst, hör den Vortrag mindestens bis zur Hälfte an.
Falls Du Vater oder Mutter sein solltest, bitte schau Dir das Video auf jeden Fall an!
Wie geht’s besser?
Auch dazu habe ich einen Vortrag bei Gedankentanken bzw. Greator gehalten. Wenn Du „Greator Markus Jotzo Verantwortung übernehmen“ googlest, wirst Du fündig. Mach Dich auf Gänsehaut gefasst.
Für die nicht Video-Gucker hier die Lösung für eine erwachsene, gesunde und vor allem Vertrauen fördernde Reaktion auf Fehler:
Schritt 1: Durchatmen, wenn Du von dem Fehler hörst.
Schritt 2: Denke so etwas wie: „Wenn sie es besser gewusst hätte, hätte sie es besser gemacht.“ Nur sehr weniger Menschen machen Fehler absichtlich.
Schritt 3: Frage Dich: „Wann habe ich meinen letzten Fehler gemacht?“ und „Was waren die größten Fehler meiner Karriere?“
Mit diesen drei Schritten hast Du schon viel getan, da Du viel verständnisvoller reagieren wirst.
Als Schritt 4 empfehle ich: Ergründe die Beweggründe des Handelns Deines Mitarbeiters und die Rahmenbedingungen. Was war die Ursache des Fehlers? Wie kam es dazu?
Forschend, nicht vorwurfsvoll.
Neugierig, nicht verurteilend.
Schritt 5: Nochmal durchatmen.
Schritt 6: Nochmal an Deine eigenen Fehler aus Deiner Karriere zurückdenken.
Schritt 7: Frage Deinen Mitarbeitenden: „Wie können wir oder kannst Du diesen Fehler am besten ausbügeln oder korrigieren?“
Schritt 8: Frage „Wie können wir aus diesem Fehler maximal lernen? Du, ich und das gesamte Team?“
Schritt 9: Erarbeitet ein „Wer? Was? Bis wann?“ und lass das von Deinem Mitarbeiter umsetzen.
Schritt 10: Überprüfe die Umsetzung eine, vier oder zwölf Wochen später – je nachdem, was sinnvoll ist.
Auf diese Weise fühlt sich Dein Mitarbeiter nicht klein gemacht, nicht fertig gemacht. Und Ihr habt das Bestmögliche getan, um die negativen Konsequenzen des Fehlers zu reduzieren. Vielleicht habt Ihr damit sogar weitere, schlimmere Fehler in der Zukunft vermieden.
Der Status quo Deiner Fehler- und Vertrauens-Kultur
Vor zwei Wochen fragte ich in einem Vortrag bei einem meiner Kunden nach der Qualität der Fehlerkultur auf einer Skala von 1-10. 10 = am besten. Die Antworten von 60+ Führungskräften war 5,4 auf der 10er Skala. Und zwei Drittel der Führungskräfte vermuteten, dass die Mitarbeitenden das vermutlich noch schlechter sehen.
Und was wäre möglich mit einer Fehlerkultur von 7, 8 oder gar 9 von 10 Punkten?
Wer viel arbeitet, macht auch viele Fehler. Das gehört zum Leben dazu.
Wie wirkt sich eine solche Fehlerkultur von nur 5,4 und schlechter auf einer 10er Skala wohl auf Innovationskraft, Geschwindigkeit und Verantwortungsübernahme im Unternehmen aus? Die Antwort kannst Du Dir denken.
Eine schlechte Fehler-Kultur zerstört Vertrauen grundsätzlich. Denn wenn ich schon viel arbeite und viele Fehler mache und das dann auch noch viel zu ruppig beantwortet wird, na, dann ist klar, dass Mitarbeitende künftig vom Gaspedal gehen. Und außerdem gehen dann Mitarbeitende künftig lieber bei jeder kleinen Entscheidung zur Führungskraft, statt nachzudenken, einfach zu machen und für Ergebnisse zu sorgen.
Wie schrecklich!
Und Du, liebe Zuhörerin, nickst innerlich sofort.
Aber leider sieht die Realität dennoch anders aus…
Erfolgs- bzw. Misserfolgsfaktor für Vertrauen 4a:
Du kannst es nicht, Du schaffst es nicht, lass das sein.
Die nächste Methode ist die des Nichtzutrauens. Dafür gibt es verschiedene Varianten.
Erste Variante: Gar nicht erst delegieren, sondern gleich selbst machen. Eine Führungskraft sagte einmal zu mir nach meinem Vortrag ‚Loslassen für Führungskräfte‘:
„Ich werde ein großes Projekt, das ich eigentlich selbst leiten wollte, an einen Mitarbeitenden delegieren.“ Genau. So macht das eine gute Führungskraft. Sie delegiert Verantwortung. Haben die Mitarbeitenden oft weniger Erfahrung als die Führungskraft? Ja, klar. Machen sie dann mehr Fehler und vielleicht sind die Ergebnisse leicht verzögert oder nicht 120% gut? Ja, aber so ist nun mal das Spiel: Menschen lernen, werden besser und probieren aus, lernen, machen Fehler, lernen, werden besser. Wir geben Wissen an andere weiter, die lernen, machen trotzdem Fehler und lernen noch mehr. In diesem ewigen Spiel befinden wir uns alle. Von Generation zu Generation und von Fehler zu Fehler werden wir kompetenter und besser.
Doch dieses ewige Spiel funktioniert nur, wenn wir uns darauf einlassen. Wenn wir das Spiel auf dieses Kalender- oder Geschäftsjahr begrenzen, dann handeln wir zu kurzfristig. Wir befinden uns in einem ewigen Spiel. Jahr um Jahr. Für immer. Auch wenn unser Leben begrenzt ist, so sind wir doch Teil eines Spiels, dass Jahre, Jahrzehnte, nein ewig dauert.
Was tust Du als Führungskraft, um Deinen Beitrag zu leisten, dass dieses ewige Spiel sinnvoll weitergeht? Auch Dir hat einmal jemand etwas zugetraut, was Du noch nicht konntest. Und Du hast geschwitzt und gerungen und es nur einigermaßen oder mit Ach und Krach hinbekommen, bevor Du richtig gut wurdest.
Meine Seminare und Coachings waren vor zwanzig Jahren gut. Waren Sie sehr gut? Wohl nicht. Sie waren nur gut. Auch wertvoll, aber eben nur gut. Heute 20 Jahre später sind meine Trainings und Vorträge richtig, richtig gut. Und sie gehen mir viel leichter von der Hand.
Was konntest Du vor 20 Jahren und was kannst du heute?
Sei Dir bewusst, dass Du andere befähigst und Du andere groß machst.
Du spielst eine elementare Rolle in diesem ewigen Spiel.
Also, überleg‘ Dir noch heute: Welche Verantwortung wirst Du an jemanden delegieren, die das heute noch gar nicht kann.
Sieh das Potenzial.
Vertraue.
Traue zu.
Und unterstütze auf dem Weg zum Ziel.
So lernen Deine Mitarbeitenden und wachsen.
Erfolgs- bzw. Misserfolgsfaktor für Vertrauen 4b:
Das Vertrauen entziehen
Ein Fehler passiert.
Ein Kunde beklagt sich.
„Na, dann muss ich wohl selbst Hand anlegen, damit es klappt.“ Denkt die Chefin.
Doch das ist häufig der schlechteste Weg, die Kuh vom Eis zu holen.
Denn was lernt die Mitarbeiterin? ‚Wenn’s brenzlig wird, dann muss die Chefin ran. Das kann ich nicht.‘ Keine gute Lektion. aber genau das wird auch am heutigen Tag tausendfach praktiziert und zerstört tausendfach Vertrauen.
Klar, Du darfst kontrollieren als Führungskraft.
Klar, Du darfst Tipps geben als Führungskraft.
Aber wie wär’s denn vor den Tipps mit folgenden Fragen:
=> „Wie schätzt Du die Situation ein?“
=> „Welche Optionen siehst Du als nächstes?“
=> „Was würdest Du als nächstes tun?“
Mitarbeitende sind clever. Und sie lieben es, einen Beitrag zu leisten.
Also reiß‘ die Lösung oder das entscheidende Gespräch mit dem reklamierenden Kunden nicht an Dich.
Befähige lieber Deine gute, lernende Mitarbeiterin, das Gespräch selbst zu führen.
Und dann frage: „Was würdest Du nächstes Mal noch besser machen?“
und „Wie würdest Du von vornherein die Weichen auf Erfolg stellen?“
Besser gemeint, aber im Grunde auch nicht besser
Das gleiche passiert, wenn Du die Lösung für das Problem vorgibst. Deine Mitarbeiterin darf zwar selbst umsetzen, aber Du bist das Brain, das die geniale Lösung bringt.
Das passiert in meinen Führungskräfte-Seminaren in den Übungen ständig. Ständig! Obwohl wir es zuvor besprochen haben. Die Mitarbeiterin soll die Lösung herausknobeln, nicht die Führungskraft.
Also, stell‘ Dir doch nach jedem Mitarbeitergespräch folgende Frage „Vom wem kam gerade die Lösung?“ Meine Hypothese: im Schnitt in 75% der Fälle kommt die Lösung von der Führungskraft.
Das schafft kein Vertrauen.
Das schafft Abhängigkeit.
Du als Führungskraft bist dann zwar wichtig.
Aber keine gute Führungskraft.
Was möchtest Du sein?
Kennen heißt nicht können
Und falls Du denkst, du wusstest das alles schon vorher und hast das alles schon einmal irgendwo gehört oder gelesen, dann hast Du vermutlich recht.
Doch wie gut Du das tatsächlich machst, findest Du nur heraus, wenn Du Deine Mitarbeitenden fragst auf einer Skala von 1-10. Und dann fragst Du: „Was ist schon gut?“ und „Was fehlt zu einer 10?“
Frag doch mal.
Mehr Details, wie Du diese Abfrage zum Beispiel mit Mentimeter sehr gut umsetzt, liest Du in Blog 307, dem ersten Teil dieser Episode.
Viel Erfolg, dabei eine vertrauende & motivierende Führungskraft zu sein. Jeden Tag!
Dein Markus Jotzo
PS:
Wenn Du Interesse hast, ab Februar 2023 Deine Führungskompetenz in sechs Monaten auf ein ganz neues Level zu bringen, dann vereinbare hier ein kostenfreies Strategie-Telefonat für Deine konkreten nächsten Schritte als Führungskraft mit Markus Jotzo. Das Coaching Programm heißt Performance Habit Coaching Programm.
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