Impuls 253. „Die Pomuskeln mehr anspannen!“ Motivation pur für Mitarbeiter – 4 Tipps
Wie loben Sie eigentlich die Mitarbeiter, die einen ganz normalen Job machen? Die machen ja gar nichts Besonderes, sondern einfach nur ihren Job. Und wie bedanken Sie sich bei den Mitarbeitern, die vielleicht sogar unterdurchschnittlich performen? Bekommen diese Underperformer kein Lob von Ihnen? Kein Dankeschön? Loben Sie jemanden überhaupt, wenn er nicht wenigstens Ihre Erwartungen erfüllt?
Nicht performen macht keinen Spaß
Letzten Samstag durfte ich selbst genau diese Erfahrung machen. Ich war Underperformer. Und zwar mit Abstand. Ok, es gab einige, die waren noch weniger trainiert als ich. Aber ich kann es mir einfach nicht schönreden. Ich war auf der Leistungsskala ziemlich weit unten. Und das ist schon seit drei Jahren so. Denn ich habe ganz neu angefangen. Deshalb ist meine Performance im Keller. Außerdem weiß ich, dass meine Fortschritte nicht so gut sind, wie die von anderen, die vor drei Jahren angefangen haben. Denn ich bin keine 31 mehr. Mit 31 bist Du einfach fitter. Zumindest, wenn Du diese Art von Bewegungen zum ersten Mal machst. So wie ich.
Meine neue Sportart fasziniert mich schon seit fünf Jahren, vor drei Jahren habe ich aktiv angefangen. Diese Sportart fasziniert mich, so wie damals mein Handball, den ich fünfzehn Jahre lang gespielt habe. Wovon ich spreche? Seit drei Jahren trainiere ich Capoeira, eine brasilianische Kampfsportart. Doch es ist viel mehr als Kampf. Für mich ist es vor allem körperliche Herausforderung pur. Trotz Handball-, Triathlon-, Schwimm- und Lauferfahrung kämpfe ich jedes Mal mit der körperlichen Herausforderung. Und ich liebe es. Denn Capoeira ist anders. Es ist Körperbeherrschung, Athletik, Tanz, Tradition, Geschichte der brasilianischen Sklaven, Gesang und Musik. Für mich bedeutet Capoeira insbesondere Probieren. Schwitzen. Scheitern. Nochmal. Und wieder: Probieren. Schwitzen. Etwas besser sein. Scheitern. Nochmal. Jede Übung ist eine Herausforderung für sich. Und mein Lehrer Contramestre Cobra denkt sich immer wieder neue Übungen aus. Also ausreichend Gelegenheiten für mich, zu erkennen, was ich alles noch nicht kann.
Viele Führungskräfte wissen gar nicht, wie sich ‚underperformen‘ anfühlt
Ich vermute, dass Sie, liebe Leserin bzw. lieber Leser, dieses Problem selten haben. Sie sind vermutlich eine erfolgreiche Führungskraft. Und wenn Sie neu sind als Führungskraft, dann sind Sie energetisch, selbstbewusst und bilden sich aktiv weiter. Das haben Sie schon oft mit viel Engagement getan und daher sind Sie auch so erfolgreich. Loser hören meinen Podcast bzw. lesen diesen Blog nicht. Anfänger vielleicht schon, aber keine Underperformer.
Mit anderen Worten, Sie sind ein erfolgreicher Mensch. Sie sind es nicht gewohnt, zu den Letzten zu gehören. Sie sind es gewohnt, zu den Guten oder sogar zu den Besten zu gehören.
Daher meine Frage: Können Sie sich vorstellen, wie sich ein Mitarbeiter fühlt, der unterdurchschnittlich performt? Menschen wollen ja grundsätzlich leisten, das habe ich bereits in meinem Podcast Episode 17 erzählt bzw. in Blog Impuls 202 geschrieben. Wenn nun aber jeder Mensch grundsätzlich gern leistet und gern zu den Performern gehört, dann aber feststellt oder schon länger weiß, dass die eigene Leistung unter dem Durchschnitt ist, muss das hart sein, oder?
Underperformen heißt nicht immer, faul zu sein
Ich möchte Sie in diesem Blog nachvollziehen lassen, wie es ist, zu den Underperformern zu gehören. Ich möchte Sie nachvollziehen lassen, dass manch einer kämpft und kämpft und dennoch nur wenig Verbesserung hinbekommt. Ich möchte, dass Sie die vermeintlich ‚Schlechten‘ nicht verachten, sondern respektieren. Nicht wegen ihrer Leistung, sondern weil sie vermutlich wissen, dass sie nicht zu den Besten gehören und trotzdem jeden Tag in ihr Büro oder ins Homeoffice gehen und ihren Beitrag leisten. Klar, wenn jemand nicht performt, dann kann das einen Chef nerven oder manchmal sogar verzweifeln oder aggressiv werden lassen. Aber das wäre nicht zielführend.
In meiner Lieblingssportart Capoeira bin ich immer wieder an mir selbst verzweifelt. Im ersten halben Jahr habe ich zwei Trainingseinheiten mittendrin abgebrochen, weil ich so frustriert war. Dabei war ich Anfänger, der es gar nicht besser können konnte. Wie glauben Sie, würde sich meine Motivation, im Training weiter zu machen, entwickeln, wenn mein Lehrer verzweifelt, aggressiv oder sogar vorwurfsvoll mir gegenüber handeln würde? Was glauben Sie, würde ich denken, wenn ich meinen Lehrer die Augen rollen sähe, nachdem er meinen Bewegungsablauf für einige Sekunden beobachtet hätte? Was glauben Sie, würde mit meinem Trainingselan passieren, wenn ich die entsprechende enttäuschte Körpersprache meines Lehrers wieder und wieder wahrnehmen würde? Oder wenn mich mein Lehrer einfach nur ignoriert und sich mit den Fortgeschrittenen weit mehr beschäftigt als mit mir?
Ignoranz = Strafe = Schaden anrichten
Ich bin mir sicher, das passiert im Berufsleben jeden einzelnen Tag. Chefs loben, Chefs nehmen freudig Leistungen wahr und kommunizieren ausführlich über Projektfortschritte mit Ihren Mitarbeitern. Und gleichzeitig ignorieren Chefs täglich die Underperformer.
Ich glaube, noch nie hat mich mein Lehrer im Training gar nicht angesprochen und gelobt oder korrigiert. Ein solches Training wäre für mich weitaus frustrierender, als wenn ich meinen Namen hier und da vom Trainer ausgesprochen höre. Denn ich weiß ja schon, dass ich schlechter bin als die Fortgeschrittenen. Ich weiß, dass ich weit von der richtigen Bewegung und Beweglichkeit entfernt bin. Ich weiß, dass ich die Kraft schneller verliere als die anderen, die den zweifachen Meia Lua einfach besser und häufiger hinbekommen als ich. Sobald ich aber meinen Namen von Contramestre Cobra höre, dann bekomme ich einen Adrenalinstoß, fühle mich gesehen, strenge mich noch mehr an. Selbst, wenn es eine Kritik ist. „Markus, den Handstand nicht an die Wand, sondern frei machen. So gut wie Du ihn kannst.“
Sehen & wahrnehmen ist Motivation pur
Im letzten Training nannte mein Lehrer meinen Namen zweimal. Einmal beim Radschlagen. Einfach nur „Schön, Markus.“ Radschlagen ist nicht meine Königsdisziplin. Dennoch hat mich mein Lehrer für meine Mühe gelobt, die ich mir dabei gegeben habe. Und die hab‘ ich mir wirklich gegeben! Das Ergebnis war kein sauberes Rad. Die Anerkennung vom Lehrer bekam ich für mein Engagement. Das Lob war nicht für mein Ergebnis. Das Lob bekam ich für meine Schweißtropfen. Und so werde ich auch beim nächsten Training Vollgas geben und hinterher erschöpft (!) in der Hängematte im Garten liegen, völlig ausgepowert.
Nun werden Sie sagen: „Das würde ich ja auch gern tun: Meine unterdurchschnittlich performenden Mitarbeiter für Ihr Engagement loben, aber da ist gar keins mehr erkennbar.“ Wenn die Leistung Ihrer Mitarbeiter größer als Null ist, ist da Engagement. Frage an Sie: Wie viele Tage oder Wochen haben Sie einem unterdurchschnittlich performenden Mitarbeiter nichts Freundliches mehr gesagt? Wenn mein Lehrer mir vier Wochen lang nichts Freundliches, Anerkennendes oder Aufmunterndes sagen würde, wäre meine Motivation im Keller! Mich motivieren vor allem zwei Dinge beim Capoeira: Wenn ich beispielsweise einen Handstand spürbar leichter eine halbe Sekunde länger halten kann. Oder wenn mein Lehrer meinen Namen nennt. Und er lobt nicht nur. Als ich einmal ein Hütchen mit dem Fuß an die Seite geschoben habe, sagte er: „Nicht mit dem Fuß, Markus, nimm das Hütchen bitte in die Hand.“ Wenn ich eine Übungspause mache, weil ich mich schlapp fühle, dann sagt er: „Markus, bleib dabei.“ Und ich mache weiter und bleibe dran, obwohl ich eben noch dachte, dass das nicht mehr geht.
Im letzten Training sagte er bei einer Übung, die die Vorstufe zur Brücke ist: „Markus, Hände mehr unter die Schultern, Ellbogen näher zusammen, Po noch mehr anspannen und in Richtung Kopf drücken.“ Eine eindeutige Kritik meiner Technik. Doch so exakt, dass ich nun wusste, wie ich es besser machen kann. Auch wenn mir immer noch die Kraft fehlt, die Brücke hochzudrücken.
Menschen brauchen das. Andere Menschen, die ihnen sagen, was genau sie verbessern können. Denn Menschen sind nicht grundsätzlich faul. Manch einer hat verlernt, dass sich Leistung lohnt. Aber tief in uns wollen wir einen positiven Beitrag zum Ganzen und zum Erfolg des Teams leisten und dafür gesehen werden.
Dazu braucht es vier Dinge:
- Einen Chef, der die Underperformer nicht verurteilt oder ignoriert.
- Einen Chef, der wertschätzend und verständnisvoll mit Underperformern kommuniziert.
- Einen Chef, der klare Ansagen macht, was er erwartet. Nicht vorwurfsvoll. Sondern respektvoll. Und glasklar.
- Und schließlich einen Chef, der den Weg zum Ziel aufzeigt, oder noch besser, mit dem Mitarbeiter zusammen erarbeitet, mit Lösungsfindungsbeteiligung vom Mitarbeiter.
Beobachten Sie sich doch mal selbst. Mit welcher Energie grüßen Sie Ihren besten Mitarbeiter, der ins Büro kommt, und mit welcher Energie begrüßen Sie den Underperformer? Ich vermute ganz stark, dass bei mir der Unterschied früher eindeutig war. Nach meiner eigenen Capoeira-Erfahrung und der heutigen Reflexion würde ich das künftig anders handhaben.
In meinen Führungskräftetrainings tue ich das schon heute. Jeder ist willkommen. Egal welches Leistungsniveau jemand hat. Jeder bekommt die Chance, auf das nächste Level zu gelangen – wie hoch auch immer das Level ist. Denn jeder Teilnehmer ist mein Kunde. Jeder Teilnehmer hat einen Anspruch auf mein bestes Engagement. So wie ich den Anspruch auf das volle Engagement meines Trainers habe. Jeder Teilnehmer bezahlt mein Essen. Aber vor allem: Jeder Teilnehmer ermöglicht mir, den für mich schönsten Beruf der Welt auszuüben, „Menschen beim Lernen zu unterstützen und stärker zu machen“. Dafür bin ich den Menschen dankbar, die in meine Trainings kommen. Jedem einzelnen. Und deswegen kann jeder mit meinem vollen Engagement rechnen. Auch die Underperformer, oder besser ausgedrückt, auch die Lernenden. In meinem Fall sind das alle Teilnehmenden. Denn jeder ist ein Lernender. So wie ich beim Capoeira. So wie auch Sie bei den für Sie neuen Dingen.
Wie behandeln Sie morgen die, die noch Luft nach oben haben und noch lernen können? Mit reduzierter Aufmerksamkeit? Mit negativen, vielleicht sogar abschätzenden Gedanken? Oder mit vollem Respekt und voller Energie? Auch die Lernenden oder Underperformer leisten einen Beitrag zu Ihrem Teamergebnis. Geben Sie ihnen die Aufmerksamkeit, Beachtung und Unterstützung, die sie brauchen, um Stück für Stück ein Level höher zu kommen.
Dabei wünsche ich Ihnen viel Erfolg!
Ihr Markus Jotzo
Wenn Sie Unterstützung bei Führungsthemen benötigen, dann schreiben Sie mich an unter service@markus-jotzo.com oder rufen mich an: +49 40 60 59 29 56.