Impuls 333. Drei kluge Wege für treue Mitarbeitende
Alle sprechen vom Recruiting und davon, dass der Arbeitsmarkt von Talenten leergefegt ist. Nur: Was kannst Du als Führungskraft denn schon für‘s Recruiting tun? Du sorgst ja nicht dafür, dass sich Kandidaten in Deinem Unternehmen bewerben.
Und doch kannst Du als Führungskraft viel tun, damit sich erstens Mitarbeitende überhaupt in Deinem Team bewerben und zweitens, dass sich potenzielle Bewerber nach Bewerbungsgesprächen zu Dir und Deinem Team hingezogen fühlen. Das gilt übrigens auch für Mitarbeitende, die innerhalb des Unternehmens wechseln möchten. Auch für diese Kollegen kannst Du die Arbeitsatmosphäre in Deinem Team positiv und anziehend gestalten.
Treue-Mitarbeitende-Tipp 1:
Wir Menschen sind soziale Wesen. Deshalb sind Beziehungen das A und O, auch im Arbeitsleben. Nicht nur privat. Im Buch von Ulrike Scheuermann „Freude machen gesund“ durfte ich lernen, dass nicht Sport und Ernährung, sondern unser soziales Umfeld unser Leben maximal verlängern. (Und nur für’s Protokoll: Gesunde Ernährung und regelmäßiges auspowern beim Sport halte ich nach wie vor für eine sehr gute Idee.) Wenn soziale Interaktion unserem Leben guttut, dann ist der zwischenmenschliche Faktor auch im Job ein Erfolgsfaktor für Wohlfühlen und Mitarbeiterbindung. Was tust Du, um die Beziehungen in Deinem Team intensiv und aktiv zu gestalten?
Viele Führungskräfte haben die Herausforderung von sehr viel Arbeit und sehr ehrgeizigen Zielen. Für Beziehungspflege bleibt da häufig wenig Zeit. Die Lösung?
Weg 1 für eine magische zwischenmenschliche Anziehungskraft in Deinem Team: Finde passende Routinen für soziale Interaktionen
Überlege Dir, welche Verhaltensweisen grundsätzlich geeignet sind, um die Beziehungen in Deinem Team zu stärken. Und übrigens: falls Du bei den folgenden Ideen denkst, das kenne ich doch schon, dann wird Dir diese Denke nicht weiterhelfen. Frage dich lieber: „Praktiziere ich diesen Tipp regelmäßig?“ Wenn ja, Glückwunsch! Wenn nein, lade ich Dich ein, daran arbeiten.
Konkrete Idee eins:
Interessiere Dich für die privaten Aktivitäten Deiner Mitarbeitenden. Wirklich! Ich weiß, dass Du Dich vermutlich bereits jetzt dafür interessierst. Aber viele Führungskräfte sind kurz angebunden und gönnen sich diese Momente dieser scheinbar nutzlosen Konversation nicht. Wenn Du etwas hörst vom Fallschirmsprung oder einem neuen Lieblingsbuch oder einer Geschichte über seine Kinder, frag‘ nach. Bohr‘ nach. Zeig‘ echtes Interesse mit mehreren Nachfragen. Warum? Weil Du Dich tatsächlich für die Menschen, die in Deinem Team arbeiten interessierst. Frag‘ am Montag, wie das Wochenende war und nimm Dir für dieses Gespräch immer wieder zwei, drei Minuten Zeit. Zum Beispiel am Beginn einer Begegnung am Montagvormittag. Nicht mit jedem Mitarbeiter jeden Montag, aber immer mal wieder.
Außerdem: Mach am Beginn eines Meetings ein persönliches Check-in. Insbesondere wenn einige Mitarbeitende immer wieder remote arbeiten. Das kann ganz einfach ablaufen: zum Beispiel mit der Frage „Was war mein schönstes Erlebnis am Wochenende?“ Oder „Was war mein ätzendstes Erlebnis am Wochenende?“ Oder „Wer hat die coolste Party gehabt am Wochenende?“ Oder Du lässt immer eine Person aus dem Team eine Frage ausdenken, die dann jeder kurz beantwortet. Falls ihnen keine Fragen einfallen, dann klickst du auf checkin.daresay.io, um kreative Fragen zu finden. Du erntest dabei Lacher, und das hebt die Stimmung im Deinem Team. Begrenze gern diese Soziale Interaktion auf 5 oder 10 Minuten am Beginn eines Meetings. Diese Zeit ist bestens investiert.
Konkrete Idee 2:
Zeig‘ Dich selbst! Sprich über Deine eigenen Emotionen, sprich über Deine eigenen Erlebnisse im Privatleben. Und teile dabei auch Dinge, die persönlich sind. Nicht zu persönlich, aber eben so persönlich, wie es Du es im Gespräch mit Freunden tun würdest. Je mehr du erzählst, desto mehr besteht eine gute Chance, dass auch Deine Mitarbeitenden von sich erzählen. Vor allem, wenn da eine Führungskraft ihre Lauscher aufmerksam aufgestellt hat.
Weg 2 für eine magische Anziehungskraft Deines Teams: Entwickle Deine Mitarbeitenden aufs nächste Level
Sei am persönlichen Wachstum und Lernen Deiner Mitarbeitenden brennend interessiert. Setze jedem und jeder ein persönliches Entwicklungsziel. Beispiel 1: Jeden Tag trotz Trubel 90 Minuten Zeit für konzentriertes Arbeiten zu haben ohne eine einzige Unterbrechung. Ich nenne diese Konzentrationszeit Deine tägliche Löwenzeit: 90 Minuten voller Fokus auf eine wichtige Aufgabe des Tages. Nein, nicht auf das Abarbeiten von E-Mails, sondern Fokus auf eine, vielleicht die wichtigste Aufgabe des Tages. Beispiel 2: Du unterstützt Deine Mitarbeitenden bei der Fähigkeit, Konflikte anzusprechen und zeitnah zu lösen. Nachhaltig zu lösen. Oder Beispiel 3: Die Fähigkeit um 18:00 oder 19 Uhr Feierabend zu machen und abends sich nicht mehr mit der Arbeit zu beschäftigen. Insbesondere wenn Dein Mitarbeiter Familie hat oder privat sehr eingespannt ist.
So lernen sich Deine Mitarbeitenden aufs nächste Level
Alle zwei Monate setzt Du Dich nun mit Deinem Mitarbeiter zusammen, um über seine Fortschritte bei seinem individuellen Ziel zu sprechen. Frage Deinen Mitarbeiter: „Welche Fortschritte hast Du gemacht?“, „Was ist Dir noch nicht so gut gelungen?“ und „Was nimmst Du Dir für die nächsten zwei Monate konkret vor?“ Deine Mitarbeitenden erkennen auf diese Art und Weise, dass Du Dich für ihr persönliches Wachstum interessierst. Dass dieses persönliche Wachstum der Zielerreichung Deines Teams und Deines Unternehmens hilft, ist selbstverständlich. Dieser Prozess kostet Dich zwar Zeit, aber es sind für Dich nur 20 Minuten alle zwei Monate. Deine Mitarbeitenden bereichern systematisch ihr Portfolio an Kompetenzen. Und das verdanken sie Dir und Deinem Engagement. Mehr zu diesem intensiven Lernprozess hörst in einem meiner Greator-Videos, das ich in den Shownotes verlinke.
Damit bindest Du Deine Mitarbeitenden an Dich und Dein Team und machen Mitarbeitende zu Deinen Fans. Zu Deinen Fans und zu Deinen Botschaftern, die innerhalb und außerhalb Deines Unternehmens nun beginnen, Werbung für Dich zu machen.
Weg 3: Geh die Extrameile für Deine Mitarbeitenden
Setz Dich für Deine Mitarbeitenden ein. Drei Beispiele.
Beispiel 1:
der Mitarbeiter ist privat sehr belastet. Seine Leistungsfähigkeit sinkt aufgrund seiner privaten Belastung. Jetzt kannst Du ihm das vorwerfen. Kritikgespräche führen. Einen Maßnahmenplan zu Verbesserung ausarbeiten. Nur: wenn die Ursache der Minderleistung im Privaten liegt, dann wird dieser Weg nur bedingt erfolgreich sein. Wie wär’s, wenn Du Dich stattdessen dafür einsetzt, dass Dein Mitarbeiter zweimal die Woche zwei Stunden frei macht – je nachdem, was sein Problem ist. Dafür setzt Mitarbeiter in den kommenden sechs Wochen jeweils einen halben Urlaubstag pro Woche ein. Oder seine Überstunden reichen aus, um diese Reduktion der Arbeitszeit abzudecken. Der Mitarbeiter kann sich nun um seine privaten Themen mit mehr Energie und Muße kümmern. Das wird er genießen und heilfroh sein, seinen Job in Deinem Team zu haben.
Beispiel 2:
Vor einigen Jahren hatte ich eine Führungskraft im Coaching. Einem seiner Mitarbeiter wurde eine Gehaltserhöhung versprochen. Seine eigene Führungskraft wollte sich aber nicht an diese Vereinbarung halten und diese Gehaltserhöhung nicht gewähren. Daraufhin hat sich diese Führungskraft stark für diese Gehaltserhöhung eingesetzt. In mehreren Gesprächen. Sie ist auch die Hierarchiestufe hoch gewandert, um diese versprochene Gehaltserhöhung einzufordern und umzusetzen. Er hat nicht nur ein Gespräch geführt, sondern mehrere. Und war schließlich … erfolgreich.
Beispiel 3:
Es herrscht ein Konflikt zwischen Deinem Mitarbeiter und einer Mitarbeiterin eines anderen Bereichs. Sagst Du Deinem Mitarbeiter „Du schaffst das schon!“? Oder kümmerst Du Dich wirklich um diesen Konflikt? Unterstützt Du Deinen Mitarbeiter, wie er diesen Konflikt angehen kann? Erkundigst Du Dich, ob der Konflikte schon gelöst ist? Oder stellst Du Dich sogar als Mediator für eine eventuell notwendige Klärung zu dritt zur Verfügung? Oder wirkst Du darauf ein, dass eine andere neutrale Person diesen Konflikt zwischen den beiden Konfliktparteien moderiert? Konflikte belasten uns Menschen. Wenn wir das als Führungskraft zu locker nehmen, dann leiden darunter unsere Mitarbeitenden. Das führt dann zu Silo-Denken. Silo-Denken herrscht fast in jedem Unternehmen. Eine gewisse Konkurrenz um Ressourcen ist auch normal. Aber Silo-Denken ist nicht notwendig. Kümmerst Du Dich darum oder akzeptierst Du das Silo-Denken in Deinem Unternehmen als normal?
Falls Du Dir unsicher bist, ob Deine Mitarbeiterin Konflikte haben, dann stell‘ regelmäßig, zum Beispiel zweimal im Jahr, die Frage „Wie läuft die Zusammenarbeit mit Deinen Kollegen auf einer Skala von 1 bis 10?“ Frage auch: „Wie läuft’s mit Deinen Kolleginnen der anderen Abteilungen auf einer Skala von 1 bis 10?“ Eine 10 ist dabei nicht das Zielkriterium. Frage also auf jeden Fall nach, was konkret zur 10 fehlt. Und erforsche dann, ob es sich lohnt, hier Unterstützung anzubieten und leiste dann diese Unterstützung für Deinen Mitarbeiter, dass er mindestens auf eine 8,5, eine neun oder sogar eine 10 kommt. Das Team muss sich ja nicht jeden Abend nach der Arbeit zum Feierabend-Drink zusammensetzen oder zusammen zum Ballermann fahren. Aber ein gutes Niveau der Zusammenarbeit ist entscheidend für treue Mitarbeitende in Deinem Team.
Die drei Wege nochmal zusammengefasst:
- Eine kollegiale Teamatmosphäre schaffen durch zwischenmenschlichen Austausch.
- Setze jedem Deiner Mitarbeitenden ein persönliches Entwicklungsziel.
- Geh die Extrameile für die Bedürfnisse, Sorgen und Nöte Deiner Mitarbeitenden.
Meine Empfehlung für Dich: Wenn etwas Spannendes für Dich dabei war in diesem Blog-Impuls, dann lies Dir diesen Impuls noch einmal durch und mach die eine oder andere Notiz. Ich bin überzeugt: Nur mit Notizen kommst Du richtig gut in die Umsetzung.
Mitarbeiterbindung ist Führungsaufgabe. Und auch das Recruiting. Wenn Du Recruitinggespräche mit Kandidaten führst, was führst Du an, was Deine Abteilung besonders macht? Lässt Du die Kandidaten mit Mitarbeitenden in Deinem Team sprechen, die wie ein begeisterter Botschafter über ihre Arbeit in Deinem Team berichten? Erschaffe eine Atmosphäre, in der Deine Mitarbeitenden richtig gern arbeiten mit genau diesen Kollegen mit Dir als Führungskraft.
Weitere Tipps zum Thema Mitarbeiterbindung liest Du in dem nächsten Blog-Impuls. Ach, eigentlich zahlen fast alle meine Tipps in den über einhundert Blog-Impulsen auf Mitarbeiterbindung ein.
Ich wünsche Dir mit diesem und den weiteren Impulsen viele gute konkrete Umsetzungsideen, was Du zu Deiner Mitarbeiterbindung beitragen wirst.
Und: Warum machst Du es Dir nicht zur Gewohnheit, ein oder zwei Impulse dieser Homepage pro Woche zu lesen oder den Podcast „Führen wie ein Löwe“ auf dem Weg zur Arbeit zu hören? So wirst Du Stück für Stück Führungsfertigkeiten erlernen, die Dich kompetenter, souveräner und erfolgreicher machen.
Es freut mich sehr, dass Du diese Impulse liest. Vielen Dank!
Und wenn Du immer wieder gute Tipps aus diesen Blog-Impulsen ziehst, dann empfiehl doch diese noch heute an eine befreundete Führungskraft.
Deine befreundete Führungskraft wird Dir dankbar sein, weil Sie von diesem konkreten Umsetzungstipps profitieren wird.
Auf bald, Dein Markus Jotzo
Und im nächsten Blog-Impuls erfährst Du, warum mein Ex-Kollege Karl-Heinz mein Vorbild par excellence war und was Du tun kannst, um aus diesem Vorbild zu lernen.
Foto von Artem Beliaikin auf Unsplash