Impuls 252. Mitarbeitern weh tun – 3 häufige Führungsfehler – mangelnde Wertschätzung

Wir alle wissen, dass es wichtig ist, unsere Mitarbeiter wertzuschätzen. Tatsächlich ist ‚zu wenig Wertschätzung vom Chef‘ der häufigste Kündigungsgrund für Mitarbeiter! Der häufigste! Zu geringe Wertschätzung betrifft aber nicht nur das fehlende Lob vom Chef, der zu selten Danke sagt für eine Erledigung oder eine Zuarbeit hier und dort.
‚Zu wenig Wertschätzung‘ findet sich in vielen Aspekten der täglichen Arbeit wieder. Häufig passiert das unbewusst und unbeabsichtigt. Und das ist das Gefährliche für Sie als Führungskraft. Sie wollen Ihren Job gut machen und machen ihn … nicht gut, vielleicht sogar schlecht. Doch Sie können das ändern! Wenn Sie diese drei typischen Führungsfehler vermeiden, werden sie wertschätzender agieren und so Stimmung und Ergebnisse Ihres Teams verbessern.
Führungsfehler Nr. 1
Wer kennt es nicht? Mal brennt es hier, mal brennt es da – irgendetwas ist immer los. Sie haben Veränderungen im Team. Sie haben viel Arbeit. Sie haben immer wieder Herausforderungen, die Sie und Ihre Mitarbeiter zusammen wuppen. Und fast immer gibt es eine oder mehrere Personen im Team, die wie Querulanten agieren und Sie, das Unternehmen, das Wetter oder sonst jemanden kritisieren. Wieder und wieder meckern sie – ohne dabei etwas zu bewirken. Und oft auch ohne die betroffene Person direkt anzusprechen.
Dabei sind die Facetten querulantischen Verhaltens vielfältig: Eine Führungskraft erzählte mir kürzlich, dass sich eine Mitarbeiterin aufregte, weil ihre Chefin ein Meeting auf Freitagnachmittag gelegt hatte – sie meckerte, obwohl niemand den Plan hatte, an diesem Freitag früher als sonst zu gehen. Oder ein in Vollzeit arbeitender Mitarbeiter, der sich über ein einstündiges Meeting beschwert, weil er dann ja seinen drei Stunden dauernden Labor-Versuch nicht mehr in seinen Acht-Stunden-Tag integrieren kann. Auch ohne Mathe-Leistungskurs fragt sich da jeder: „Wo liegt das Problem?“
Der erste typische Führungsfehler in diesem Blog ist daher, die Querulanten gewähren zu lassen, anstatt einer unsinnigen Meckerei über Dinge, die sich nun mal nicht ändern lassen, konsequent einen Riegel vorzuschieben. Denn das wirkt sich auf die Stimmung im gesamten Team aus. Leistungsträger werden weniger leisten, Normalleister werden von den negativen Gedanken infiltriert und sind weniger gut drauf und Minderleister werden dabei unterstützt, sich unter solch schrecklichen Rahmenbedingungen nicht ins Zeug zu legen.
Den leistenden Mitarbeitern in Ihrem Team tun Sie einen riesigen Gefallen, wenn Sie den Querulanten im Team Einhalt gebieten. Denn die könnten dann einfach Ihren Job machen und zufrieden zur Arbeit kommen.
Wie gehen Sie mit einem Querulanten um? Führen Sie ein – erstes – Einzelgespräch mit diesem Mitarbeiter. Sollten es mehrere Personen sein, dann führen Sie mehrere Einzelgespräche.
Spiegeln und konfrontieren Sie den Mitarbeiter mit ZDF, mit Zahlen, Daten, Fakten, bezüglich seines eigenen Verhaltens und der Wirkung seines Verhaltens. Das Z von ZDF steht in diesem Fall häufig für ‚Zitat‘. Fragen Sie Ihren Mitarbeiter nach seiner eigenen Sichtweise. Gehen Sie nicht auf Nebenkriegsschauplätze ein, auf die Sie Ihr Mitarbeiter eventuell führen möchte. Bleiben Sie beim Verhalten des Mitarbeiters. Nutzen Sie auch die Perspektivwechselfrage: Wie könnte das Verhalten des Mitarbeiters aus seiner Sicht explizit auf andere wirken? Wenn der Mitarbeiter diese Frage nicht beantworten kann, so erläutern Sie die negative Wirkung aus Ihrer Sicht.
Fragen Sie Ihren Mitarbeiter für den Fall, dass er nicht einsichtig sein sollte: Wenn Du die Führungskraft dieses Teams wärst, wie würdest Du dieses Verhalten empfinden?“ Und dann stellen Sie das Verhalten mit ZDF und Wirkung kurz und knackig ein weiteres Mal dar. Wenn Ihr Mitarbeiter dieser Frage ausweicht, dann wiederholen Sie diese Perspektivwechselfrage zwei weitere Male. Bis zur dritten Wiederholung werden 99% aller Mitarbeiter die Frage beantworten.
Beenden Sie das Gespräch nur mit einer ganz klaren Vereinbarung und einem fest eingetragenen Folgetermin mit Datum, Uhrzeit und Ort, z.B. nach vier Wochen, um sich dann noch einmal über das neue Verhalten auszutauschen. Gewohnheiten verändern Sie nicht durch ein einziges Gespräch. Das braucht mehrere Impulse. Bedanken Sie sich gern für das – vermutlich eingetretene – bessere Verhalten und machen dann einen zweiten Folgetermin in acht Wochen aus, um erneut darüber zu sprechen.
Wenn Sie Interesse an detaillierteren Tipps haben, dann schauen Sie auf meinem YouTube-Kanal das Video ‚8 Schritte professioneller Kritikgespräche‘. Und wenn diese Art der Gesprächsführung noch nicht weiterhilft, dann nutzen Sie die Tipps im Video ‚Kritikgespräche führen: Dreiste Mitarbeiter‘. Mit diesen Tipps schaffen Sie es, einen Querulanten im Denken und Verhalten zu verändern.
So erschaffen Sie ein Arbeitsumfeld, in dem Leistung und Lust statt Unwille und Frust regieren. Sie haben es in der Hand. Natürlich braucht dieses Thema immer auch wieder Zeit und Beachtung. Aber das ist ja auch Ihr Job: Ihre Mitarbeiter führen. Das passiert in Gesprächen. In klaren, wertschätzenden – und bei Kritikgesprächen – auch in für die Mitarbeiter unangenehmen Gesprächen. Wichtig dabei: Sprechen Sie in einem sachlichen ruhigen und glasklaren Ton und führen Sie einen Dialog.
Dann wird es Ihnen gelingen!
Führungsfehler Nr. 2
Wer ist am besten geeignet, um knifflige Probleme zu lösen? Na klar, der Chef, oder? Wenn ein Kunde sich beschwert, z.B. weil ein Mitarbeiter einen groben Fehler gemacht hat, wenn ein neues innovatives Projekt oder das Jahresgespräch mit dem wichtigsten Kunden ansteht.
Klar, in all diesen Fällen kann der Chef übernehmen. Vielleicht ist er sogar die am besten geeignetste Person für die Aufgabe – von der Kompetenz her gesehen. Doch wessen Job ist es, das Tagesgeschäft zu bearbeiten? Die des Chefs? Das denken zumindest manche Chefs, jedenfalls bei schwierigen Aufgaben. Und sie meinen es gut damit. Aber solche Chefs richten großen Schaden an, weil die Mitarbeiter das Chef-Verhalten so verstehen: „Das ist zu schwer für Dich. Lass den Papa mal machen.“
Hier besteht eine Chance für wertschätzendes Verhalten, die viele Chefs verstreichen lassen: Wichtige, knifflige Aufgaben an Mitarbeiter delegieren. Menschen wollen leisten, Menschen wollen zeigen, dass sie etwas können und einen Beitrag zum Team leisten. Wer’s nicht glaubt, liest noch einmal meinen Blog Impuls Nr. 202 oder hört Podcast Episode 17.
Klar benötigen Ihre Mitarbeiter dabei Ihre Unterstützung, Ihr Einarbeiten, Ihre Hinweise. Aber die Hauptarbeit können die Mitarbeiter selbst machen. Das ist Wertschätzung pur, wenn Sie Ihren Mitarbeitern das Vertrauen schenken, an Aufgaben wachsen zu können. Und wer bekommt dann hinterher die Lorbeeren für den Erfolg des Projektes? Genau, selbstverständlich Ihr Mitarbeiter.
Überlegen Sie sich doch mal für jeden Ihrer Mitarbeiter, welche Aufgabe, beispielsweise Urlaubsvertretung oder sonstige einmalige oder dauerhafte Herausforderungen, er oder sie im Laufe der kommenden sechs Monate zusätzlich übernehmen könnte. Und ich spreche hier von qualitativ herausfordernden Aufgaben, nicht davon mehr Masse wegzuarbeiten und mehr Überstunden zu machen. Denn so merken die Mitarbeiter, dass sie mehr können als sie sich zugetraut hätten, fühlen sich bedeutsamer im Team und damit automatisch mehr wertgeschätzt von Ihnen, wenn Sie die Leistung auch entsprechend honorieren.
Führungsfehler Nr. 3
Mein Vater war schon immer stolz auf mich, seinen Sohn. Das weiß ich sehr genau. Ich spielte jahrelang Handball und mein Vater fuhr unsere Mannschaft regelmäßig mit seinem VW-Bus an den Wochenenden zu unseren Auswärtsspielen. Während des Spiels war er dann meistens einer der sehr wenigen Zuschauer. Und er feuerte uns immer an. Für alle die Väter und Mütter da draußen: Mein Vater fieberte immer mit. Voll und ganz. Er schrieb auch zwischendurch keine Text-Nachrichten mit dem Handy an Freunde oder las die Nachrichten im Online-Nachrichten-Dienst oder der Tageszeitung. Er war voll und ganz bei der Sache. Mein Vater stattete sogar eine alte Flasche mit einer riesigen Klingel aus. Und jedes Mal, wenn ich oder ein Mannschaftskamerad ein Tor warf, klingelte er mit dieser unüberhörbar lauten Klingel. Mein Vater war unsere Fankurve.
Das Problem dabei war das folgende: Heute kann ich das alles nachvollziehen. Ich habe das alles auch damals wahrgenommen. Aber ich habe es damals nicht verstanden, dass dies die ganz besondere Art und Weise meines Vaters war, mir zu zeigen, wie sehr er mich liebte und wie stolz er auf mich war.
Als Ergebnis fühlte ich mich von meinem Vater gar nicht so sehr wertgeschätzt. Ich nahm das alles als selbstverständlich und gegeben hin. Da mein Vater einen Bus hatte, mussten zwei andere Eltern nicht zum Spiel fahren. Da machte es doch Sinn, dass mein Vater fuhr.
Der dritte Führungsfehler ist daher, Dinge gut zu meinen und zu machen, aber nicht sicherzustellen, dass die positive Intention auch bei Ihren Mitarbeitern ankommt. Wär ja zu blöd, wenn Sie sich Mühe geben und die Mitarbeiter das wiederum gar nicht zurück-wertschätzen.
Fragen Sie daher Ihre Mitarbeiter, wie sehr diese sich wertgeschätzt fühlen durch Sie als Führungskraft. Die Wahrnehmung von Wertschätzung ist sehr unterschiedlich. Tagtäglich führen und wertschätzen Sie Ihre Mitarbeiter über dutzende Wege. Oder eben auch nicht. Versichern Sie sich daher, ob Ihr positiv gemeintes Verhalten von Ihren Mitarbeitern überhaupt in gleicher Weise wahrgenommen wird.
Deshalb: Stellen Sie Ihren Mitarbeitern diese beiden Fragen:
- „Wie sehr fühlst Du Dich durch meine Art der Kommunikation und meine Führung wertgeschätzt?“
Bitten Sie jeden Mitarbeiter zu antworten, auf einer Skala von 1-10. Fragen Sie auch: „Was ist schon gut?“ und „Was fehlt zu einer 10?“
- Um möglichst viele Ideen zu erhalten, was Sie verbessern könnten, rate ich als zweites, noch einmal explizit diese Frage zu stellen: „Was könnte ich anders tun, was würde Dir noch besser gefallen, um noch mehr zu spüren, was für eine wichtige Rolle Du in diesem Team aus meiner Sicht hast?“
Stellen Sie Ihrem Team diese beiden Fragen im Teammeeting vor. Und dann führen Sie eine Woche später 15-minütige Einzelgespräche, auf die sich Ihre Mitarbeiter schriftlich mit Notizen vorbereiten. Wenn Ihre Mitarbeiter ohne Notizen in den Termin kommen, dann vereinbaren Sie einen neuen Termin, ohne das Gespräch zu starten. Ganz wertschätzend. Führen Sie das Gespräch einmal pro Jahr mit jedem Mitarbeiter. Sollten Sie viele Mitarbeiter haben, dann strecken Sie diese Gespräche einfach über mehrere Wochen und halten Sie sich an Ihre terminlichen Verabredungen – denn das wäre sonst ja nicht wertschätzend.
Sie erfahren auf diese Weise, was Sie schon gut machen und gern verstärken können und was Sie verändern können, wenn es aus Ihrer Sicht Sinn macht. So werden Sie Schritt für Schritt ein wertschätzenderer und besserer Chef für Ihr Team.
Wenn Ihnen diese drei Tipps nicht ausreichen und Sie noch schneller wertschätzen möchten, dann habe ich noch einige Wertschätzungs-Tipps, die weniger als 1 Minute dauern: Blog Impuls 249 oder Podcast Episode 64.
Mit diesen Tipps erhöhen Sie nicht nur die Wertschätzung, sondern gleichzeitig die Mitarbeiterbindung an Sie ganz persönlich. Denn Wertschätzung ist eins der menschlichen Grundbedürfnisse mit Suchtpotenzial. Und ja, es ist u.a. Ihre Aufgabe als Chef, dieses Bedürfnis zu befriedigen. Nehmen Sie die Herausforderung an?
Ich bin überzeugt, Ihre Mitarbeiter werden es Ihnen danken, indem sie engagierter bei der Arbeit sind und bessere Ergebnisse erzielen.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg, eine wertschätzende Atmosphäre in allen Bereichen und sehr gute Resultate!
Ihr Markus Jotzo
Wenn Sie Unterstützung bei Führungsthemen benötigen, dann schreiben Sie mich an unter service@markus-jotzo.com oder rufen mich an: +49 40 60 59 29 56.
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