Manche Mitarbeiter sind echt harte Nüsse und schwer zu knacken. Doch es gibt für alles eine Lösung. So auch für Mitarbeiter, die sich mehr erlauben, als manch ein Chef zu träumen wagt. Diese Fälle sind zwar insgesamt selten, in meinen Führungskräftetrainings begegnen Sie mir aber regelmäßig im Zusammenhang mit Kritikgesprächen.
Wenn Sie den Blog Nummer 222 oder die Podcast Episode 37 zum Thema ‚Kritikgespräche führen’ noch nicht gelesen oder gehört haben, empfehle ich Ihnen, dies zunächst zu tun und im Anschluss diesen Blog zu lesen.
Aus meiner Arbeit mit hunderten Führungskräften und Gesprächsübungen ergeben sich zwei grundsätzliche Verhaltenstypen bei Mitarbeitern im Kritikgespräch. Das heißt Ihr Mitarbeiter, dem Sie kritisches Feedback geben möchten, verhält sich in den verschiedenen Phasen des Kritikgespräches – je nach Typ und Denkweise – unterschiedlich.
Um gute Teamführung sicherzustellen, benötigen Sie aber die Kompetenz, mit beiden Verhaltensweisen gut zurecht zu kommen.
Zu Beginn Ihres Kritikgespräches braucht Ihr Mitarbeiter eine klare Ansage: „Es gibt einen Bereich in Deiner täglichen Arbeit, mit dem ich nicht zufrieden bin.“ Diese Kröte der Leistungsbeurteilung muss Ihr Mitarbeiter schlucken. Das kennen Sie bereits aus dem Blog Nummer 222.
Einige Mitarbeiter verhalten sich nun wie „Der Hilfesuchende“. Das ist ein Mitarbeiter, der leisten will, es aber nicht schafft. Also ein Mitarbeiter, der die Aufgabe mit mehr Ressourcen, Informationen oder Fähigkeiten gut machen möchte.
Er sagt so etwas wie: „Ach, ich würd’ ja gern, aber ich weiß gar nicht, wo mir der Kopf steht vor lauter E-Mails und Arbeit auf meinem Schreibtisch.“
Sie können heraushören: Er würde gerne leisten, wenn er wüsste wie.
Diesen Konflikt, gilt es zu lösen.
Dieser Mitarbeiter braucht Ihre Hilfestellung.
Oder Sie können Ihrem Mitarbeiter zeigen, dass das, was da zu tun ist, schon früher von ihm gemacht wurde. Zitat: „Ich weiß noch wie Du im letzten Quartal die Kundin Frau Müller am Telefon beruhigt hast. Das war große Kunst. Sie hat danach sogar noch mehr bestellt. Weißt Du das noch? Wie ist Dir das damals gelungen?“
Damit erinnern Sie Ihren Mitarbeiter durch positives Feedback an seine Stärken und Fähigkeiten. Wichtig: Benennen Sie die Stärken immer mit konkreten Beispielen. Passenderweise erinnern Sie Ihren Mitarbeiter an eine Fähigkeit, die er in der heutigen Situation ebenso benötigt, um sein Ziel zu erreichen.
Mit Ihrer Unterstützung wird sich Ihr Mitarbeiter nach einem glasklaren Feedbackgespräch tatkräftig an die Arbeit machen. Mitarbeiter brauchen immer wieder Chefs, die Ihnen helfen, Steine aus dem Weg zu räumen, sodass sie Leistung erbringen können. Denn Menschen wollen leisten. Alle! Wer’s nicht glaubt, dass auch seine Mitarbeiter grundsätzlich leisten wollen, liest noch einmal Blog Nummer 202 oder hört Podcast Episode 17.
Den zweiten Verhaltens-Typ nenne ich liebevoll „dreiste Drecksau“. Er streitet das Offensichtliche ab: seine Minderleistung bzw. die Verantwortung für diese Minderleistung.
Dieser Typ versucht, alle Verantwortung für Fehler und Verantwortung für normale Leistung von sich zu weisen und verhält sich wie eine – liebevoll gesprochen – dreiste Drecksau. Denn, dass er jeden Monat voll bezahlt wird, nimmt er gern an, dass er aber dafür auch jeden Monat Leistung zeigen und Fehler oder Minderleistung soweit wie möglich zu vermeiden hat, sieht er – zumindest offiziell im Feedbackgespräch mit dem Chef und meistens auch in seiner inneren Denke – nicht ein.
Die dreiste Drecksau bringt Aussagen wie: „Wie soll ich das denn auch noch alles schaffen?“, „Wenn Du wüsstest, was hier alles los ist!“ oder „Und dafür soll ich verantwortlich sein? Guck mal, was alles auf meinem Schreibtisch liegt! Ich rödele hier schon und mache und tue, aber es geht halt nicht mehr.“
Wenn ich im Seminar gelegentlich selbst in die Rolle der Führungskraft schlüpfe und Kritikgespräche führe, dann stellen sich mir die Nackenhaare auf, weil ich kaum glauben kann, was mir da alles entgegengeschleudert wird.
Wichtig für Ihr erfolgreiches Gespräch: Verurteilen Sie dieses Verhalten nicht, denn Sie als Führungskraft oder das Umfeld innerhalb Ihres Unternehmens haben exakt dieses Verhalten auf irgendeine Art und Weise herbeigeführt. Kein Mitarbeiter denkt am ersten Arbeitstag im Unternehmen: Hier mache ich mal schön Dienst nach Vorschrift, auch Ihr Mitarbeiter nicht.
Beäugen Sie Ihre Teamführung kritisch. Kinder testen ihre Grenzen aus. Erwachsene tun das ebenfalls. Manche Mitarbeiter tun es, indem Sie Ihr Engagement im Job zurückschrauben oder sich andere Vorteile verschaffen. Und wenn da niemand einen Riegel vorschiebt, dann tun sie das immer wieder und wieder.
Warum verändern Menschen überhaupt Verhalten? Es gibt da nur zwei Gründe:
Erster Grund: Wir möchten Freude erleben durch positive Erfahrungen, Erlebnisse, Ergebnisse. Wir wollen Lob vom Chef oder anderen Menschen erhalten.
Zweiter Grund: Wir wollen keinen Schmerz, wie den Ausschluss aus einer Gruppe, schlechte Ergebnisse, Konflikte oder Kritikgespräche.
Also bereiten Sie Ihrem Mitarbeiter im Prozess der Leistungsverbesserung Freude für die erzielten Fortschritte mit positivem Feedback, Lob und Anerkennung. Und bereiten Sie Ihrem Mitarbeiter Schmerz, wenn der Mitarbeiter nicht die von Ihnen erwartete Leistung bringt. Ganz wichtig: wertschätzender Schmerz. Die Formel lautet: Die Worte konfrontieren, der Ton macht es ertragbar.
So ein Gespräch ist schwierig und gelingt genau dann, wenn Sie einige klassische Fehler vermeiden:
Das Gespräch führen Sie freundlich und in ruhigem Ton. Benennen Sie Zahlen, Daten, Fakten glasklar. Der Mitarbeiter – verkleidet als dreiste Drecksau – sagt beispielsweise nur: „Warum soll ich mir das antun?“
Sie stellen die Gretchenfrage, so wie einst Gretchen in Goethes Faust. Die Gretchenfrage im Job lautet: Willst Du diese Position in dieser Abteilung haben, lieber Mitarbeiter?
Vermutlich wird Ihr Mitarbeiter dies bejahen.
Also antworten Sie: „Das freut mich, denn ich möchte Dich auch gern in dieser Position. (Wenn Sie das nicht wollen, dann führen Sie ein Trennungsgespräch, kein Leistungsverbesserungsgespräch). Und Du willst sicher auch, dass das Unternehmen Dir jeden Monat Dein volles Gehalt überweist, richtig?“ Pause, Blickkontakt, erneutes Bejahen des Mitarbeiters.
„Im Gegenzug brauche ich von Dir, dass Du jeden Tag Deine volle Arbeit machst. Volle Arbeit leisten heißt x, y und z.
Was sagst Du dazu?“
Klare Ansage an den Mitarbeiter, wie zum Beispiel mit Blickkontakt und klarer Stimme: „Du bist jetzt seit zwei Jahren in unserer Abteilung: Ein Fehler – pro Woche – bei einer Standard-Leistungserbringung – über die letzten zehn Wochen – ist – zu viel.“
Erfolgs-Formel: ZDF – Zahlen, Daten, Fakten langsam gesprochen, mit langsamer Gestik, Blickkontakt, Pause. Blickkontakt halten, ernst gucken, nicht weggucken, nicht selbst als nächstes sprechen.
Nicht sprechen, bevor Ihr Mitarbeiter auch geredet hat, ihn ruhig etwas zappeln lassen. Prinzip: Wer zuerst spricht, hat verloren. Das kann inklusive der ersten Antwort Ihres Mitarbeiters 20-30 Sekunden dauern. Wenn Ihr Mitarbeiter einlenkt, Blick sanfter werden lassen und z.B. Unterstützung anbieten: Wenn Du willst, unterstütze ich Dich auf dem Weg zu einer besseren Leistung, aber Du musst den Weg gehen.
Das Ziel der beiden beschriebenen Möglichkeiten ist, aus der dreisten Drecksau einen normalen einsichtigen Mitarbeiter zu machen. Das ist absolut möglich, braucht aber wie oben beschrieben einen klar kommunizierenden und konfrontierenden Chef. Ihre Leistungsbeurteilung zeigt Ihrem Mitarbeiter klar und deutlich seine Minderleistung und Grenzen auf.
Immer wieder höre ich Mitarbeiter in Gesprächssituationen auf die Frage, „Wie kannst Du das beim nächsten Mal besser machen?“, sagen, „Ja, ich weiß auch nicht.“
Fakt ist aber: Der Mitarbeiter weiß ganz genau wie das geht. Dann empfehle ich Ihnen, lachend und humorvoll – nicht vorwurfsvoll – zu sagen: „Das kaufe ich Dir jetzt nicht ab. Du bist doch seit zwei Jahren bei uns in der Abteilung. Da fällt Dir bestimmt ’was ein.“ Und dann nehmen Sie den Mitarbeiter sofort in die Pflicht, zu antworten. Alternativ vertagen Sie das Gespräch auf morgen früh mit dem Nachdenkauftrag bis 9 Uhr zwei Lösungsansätze vorzustellen.
Quintessenz: Es gibt für jede Gesprächssituation eine Lösung. Bedenken Sie: Menschen wollen leisten und sich zu einem Team dazugehörig fühlen. Das ist Ihre Chance als Führungskraft. Schaffen Sie mit Ihren Mitarbeitergesprächen Klarheit, dann werden Sie auch anpackende Mitarbeiter haben. In schwierigen Situationen, wenn viel zu tun ist, und auch in Veränderungssituationen.
Dabei wünsche ich Ihnen viel Erfolg!
Ihr Markus Jotzo
1 Kommentar
Das ist mal eine treffende Benennung der Realität!