Impuls 261. Typischer Führungsfehler im Change – systematisch erkennen, eliminieren und ersetzen. Den Change meistern – Teil 13
2016 reiste ich vier Wochen lang durch Deutschland von Hamburg bis zur Zugspitze – ohne Geld. Die verrückte Idee war, zu beweisen, dass das funktioniert, was in meinem Buch ‚Tu, was Du nicht kannst‘ steht: Change funktioniert! Wir können verrückte, große Ziele erreichen, wenn wir uns konsequent jeden Tag auf den Weg machen und dranbleiben – auch wenn wir mal scheitern und es mal echt ätzend ist zwischendurch.
Wer mehr über diese emotionale Reise lesen und sich die Tagesvideos anschauen möchte, klickt hier.
Das Experiment fordert Fokus und macht sogar richtig Spaß!
Immer wieder habe ich auf meiner Reise zusätzlich Tages-Challenges zu erfüllen. Eine Tagesaufgabe lautet: „Mache heute 22 Menschen ein Kompliment.“ An diesem Tag bin ich in Bonn unterwegs. Also richten sich meine Beobachtungen auf potenziell positive Handlungen. Ich scanne die Menschen, die mir begegnen: Gibt diese Frau sich Mühe bei etwas, strengt sie sich besonders an? Hat der Mann ein besonderes Accessoire, das mir positiv auffällt? Es gibt da richtig viel zu entdecken: z.B. eine Mutter, die ihrem Sohn sehr geduldig mehrmals etwas erklärt, bis er es verstanden hat, ein Mann, der das Schaufenster sehr sorgfältig beklebt und ein Blumenladen mit einer sehr kreativen und stilvollen Dekoration.
Die Komplimentgespräche sind jedes Mal spannend und gleichzeitig angenehm – nachdem ich meine Ansprechschwelle überwunden habe. Ich erlebe immer wieder überraschte Menschen und eine spontane warme Verbundenheit. Wir lachen zusammen. Denn die Komplimente ziehe ich mir nicht aus der Nase, sondern es ist jedes Mal etwas, was ich in diesem Moment wirklich toll finde oder sogar bewundere.
Typischer Führungsfehler in Veränderungssituationen
Manche Menschen gehen durch die Welt und sehen ständig, was man noch verbessern könnte. Wie ticken Sie? Eher kritisch oder haben Sie auch einen Fokus auf Positives? Der kritische Blick ist immer wichtig, um unnötige Fehler zu vermeiden oder abzustellen. Diesen kritischen Blick will ich hier gar nicht schlecht machen. Ich möchte vielmehr einen Gegenpol setzen zu zuviel Kritik, die aus meiner Sicht zu häufig zu viel Raum einnimmt. Diesen Blick gilt es nicht abzustellen, sondern bei Bedarf bewusst einzunehmen. Wenn wir Positives fokussieren, nehmen wir bewusst positive Handlungen und Intentionen wahr. Denn jeder Handlung liegt immer eine positive Intention zugrunde.
Schleimen, oder was?
Wie hilft es uns, wenn wir positive Details wahrnehmen und entsprechende Komplimente machen? Nun, stellen Sie sich doch einmal ein Arbeitsumfeld vor, in dem Kollegen und die Chefin sich immer wieder positives Feedback geben, sich herzlich bedanken und hier und da wertschätzende Blicke austauschen. Okay, es gibt stressige Situationen, da passiert das seltener. Aber auch da ist das möglich, je nachdem, wo Ihr Fokus liegt.
Im Buch ‚Der Minuten Manager‘ von Kenneth Blanchard empfiehlt Blanchard, dass wir als Führungskräfte darauf warten sollen, dass ein Mitarbeiter etwas gut macht, um es dann sofort anzusprechen.
Wir sind soziale Wesen. Unser Miteinander ist stärker, wenn wir uns miteinander verbinden, wenn wir unsere Leistungen gegenseitig anerkennen. Mit dem entsprechenden Fokus auf Positives ist das leichter. Entscheidend ist der Schritt, es der anderen Person zu sagen. Ich habe einen Kollegen, den ich immer wieder auf Veranstaltungen der German Speaker Association oder auch auf Personalmessen treffe. Und jedes Mal macht er mir ein Kompliment für etwas. Für meinen Vortrag, für ein Beispiel, dass ich im Vortrag benutze oder etwas anderes Passendes. Und das macht mein Kollege nicht nur mit mir so. Ich kenne keinen anderen Menschen, der so viel Positivität ausstrahlt.
Freud sagte einmal, wir können uns gegen Angriffe wehren, aber nicht gegen ein Kompliment. Ein Kompliment wirkt immer. Doof allerdings, wer Komplimente einsetzt, um im Anschluss etwas von anderen zu bekommen. Zum Beispiel wenn Sie einen Mitarbeiter loben, um dann direkt im Anschluss eine Aufgabe an diese Mitarbeiterin zu delegieren. Dieser Moment ist unpassend für ein Lob und wirkt sich oft sogar negativ aus. „Erst lobst Du mich, um mich in eine gute Stimmung zu bringen und dann drückst Du mir diese Aufgabe rein, toll!“
Veränderungen sind Anstrengungen. Anstrengungen ohne Lob machen keinen Spaß.
Wir alle fragen uns doch immer wieder, wie können wir in Zeiten der Veränderung, die anstrengend und Energie zehrend sind, uns selbst und andere „motivieren“. Wie können wir für eine positive Arbeitsatmosphäre sorgen? Wie können wir Menschen Lust auf Veränderungen machen? Eine Möglichkeit ist es, Menschen Anerkennung zu geben für Ihr Engagement, Ihren Einsatz und Ihre Energie. Das tun viele Führungskräfte zu selten. Sowohl bei sich selbst als auch bei anderen. Auch ohne Impostor-Syndrom sind wir häufig viel zu selbstkritisch. Auch ich bin so ein ehrgeiziger Typ, der immer sieht, was er noch besser oder mehr machen kann. Es gibt ja immer Lücken. Daher führe ich seit Jahren ein Dankbarkeits- und Erfolgs-Buch, in das ich immer wieder Dinge schreibe, die mir gut gelungen sind. Manchmal abends, manchmal morgens – so circa fünfmal pro Woche belohne ich meinen Fleiß mit diesen positiven Gedanken und Notizen. Und es gibt täglich haufenweise Dinge, die gut sind oder bei denen ich mich erfolgreich ins Zeug gelegt habe.
Um also sowohl uns selbst als auch unseren Mitarbeitern Lust auf Veränderungen zu machen, ist es entscheidend, immer wieder Anstrengungen zu loben. Wenn wir merken unsere Anstrengung wird gesehen und positiv rückgekoppelt, dann sind wir gern bereit, uns weiter reinzuknien. Wenn unsere Anstrengungen aber kaum wahrgenommen oder unkommentiert bleiben, dann fahren wir unsere Anstrengungen bald zurück. Ich persönlich merke das immer wieder beim Capoeira. Sobald mein Trainer meinen Namen nennt, bin ich ein Stück motivierter, da mein Trainer meine Anstrengung im Training wahrnimmt.
Und ich glaube, es war im Buch ‚Überflieger‘ von Malcolm Gladwell, in dem Malcolm eine Studie zitiert, dass im Basketball die Teams erfolgreicher sind, die sich immer wieder im Match berühren oder abklatschen. Diese positive, aufmunternde Berührung schafft Gemeinschaft und Gemeinsamkeit. Und das schafft gemeinsames Anpacken, gemeinsam zuversichtlich bleiben und gemeinsames Wuppen von Herausforderungen. Doch wer weiß, was zuerst da war, die starke Gemeinschaft im Team oder das Abklatschen? Ich denke beides verstärkt sich gegenseitig.
Sie sind dran: Ihre konkrete Umsetzung – egal ob im Change oder nicht
Fragen Sie doch mal sich selbst und Ihr Team im Team-Meeting, wie viel Positives Sie wahrnehmen und ob Sie auch über das Positive sprechen und wie oft Sie Kritisches näher beleuchten. Wenn Sie sich bewusst häufiger die positiven Aspekte bewusst machen, dann können Sie – ohne bei Fehlern wegzuschauen – die Team-Atmosphäre deutlich verbessern. Gerade in Zeiten der Veränderung ist diese Anerkennung sehr wichtig. Vereinbaren Sie gemeinsam als Team, Positives täglich mehr wahrzunehmen und auch zurückzuspielen an Kollegen, an die Mitarbeiter und an die Chefin.
Nehmen Sie jeder 3 Kieselsteine in die linke Tasche. Das Ziel ist, bis zum Abend diese drei Kieselsteine in die rechte Tasche wandern zu lassen. Das tun Sie jedes Mal, wenn Sie jemandem eine positive Rückmeldung geben. Öfter ist ok, drei Mal ist das Minimum. Setzen Sie eine Woche später, dann zwei Wochen später, dann für ein halbes Jahr monatlich diesen Punkt auf die Tagesordnung Ihres wöchentlichen Team-Meetings. Sprechen Sie darüber, was sich dadurch positiv verändert hat. Sprechen Sie darüber, welche Schwierigkeiten dabei bestehen und wie jeder sie anpacken kann. Bedanken Sie sich beieinander für jede positive Rückmeldung und genießen Sie Ihr Teamgefühl und Ihren Teamzusammenhalt.
Gemeinsam etwas anzugehen, kann die Team-Atmosphäre deutlich stärken. Und das stärkt dann die Mitarbeiterbindung, die Veränderungsfähigkeit und den Spaß an der Arbeit.
Veränderung durch Homeoffice: Die Distanz wird größer
Ach ja, und sollten Sie und Ihre Mitarbeiter derzeit noch viel im Homeoffice arbeiten, dann gilt dieser Tipp umso mehr. Denn die Verbundenheit im Team lässt nach bei vielen nach, die sich zuletzt im März regelmäßig im Büro gesehen haben. Mehrere meiner Kunden buchen mich aktuell genau für diesen Punkt im Einzel-Coaching, im Führungskräftetraining und in Vorträgen – natürlich finden auch meine Trainings fast alle momentan online statt. Wie können Sie die Energie und die Einsatzbereitschaft Ihrer Mitarbeiter auf Distanz aufrechterhalten? Die Antworten sind vielschichtig. Eine dieser Antworten haben Sie in diesem Blog nun kennen gelernt. Setzen Sie der zunehmenden Distanz bewusst einen Ausgleich entgegen, indem Sie durch den Blick auf Positives mehr Nähe und mehr Verbundenheit herstellen.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg, Ihr Markus Jotzo
Wenn Sie Unterstützung bei Ihren Führungsthemen benötigen, dann schreiben Sie mich an unter service@markus-jotzo.com oder rufen mich an: +49 40 60 59 29 56.
Und wenn Sie wissen wollen, wie Sie die Feedback-Kultur stärken wollen und auch damit für mehr Nähe im Homeoffice sorgen möchten, dann nutzen Sie dafür mein 12-Wochen-Online-Training „Der Chef, den keiner mochte“. Hier erfahren sie mehr darüber.
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