Die Entscheidung treibt ihm den Schweiß auf die Stirn. Ihm, dem Chef.
Er hat es getan: Sein Mitarbeiter hatte eine gute Idee zur Umsetzung eines Projekts gehabt und er hat ihm freie Hand gelassen. Nun plagen ihn Zweifel: Ist die Idee wirklich so gut? Was, wenn der Mitarbeiter mit der Sache baden geht? Normalerweise bleibt er als Entscheider für die wichtigsten Schritte der Projekte mit eingebunden. Nun plagen ihn Zweifel, ob er das Richtige getan hat.
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich kann dem Chef nur gratulieren und hoffe, dass er seinen Mitarbeiter nicht verurteilt, falls tatsächlich etwas schiefläuft. Jedenfalls hat der Chef sein Ego erstmal zurückgestellt – er hat es sozusagen geparkt. Er hat die Fäden aus der Hand gegeben, kontrolliert nicht mehr alles.
Solange der Chef nämlich versucht, alles zu kontrollieren, limitiert er die Leistungsfähigkeit seiner Mitarbeiter. Er wird zum „Flaschenhals“ für Entscheidungen. Zudem sind die Mitarbeiter weniger motiviert, weil Sie sich weniger mit den Projekten identifizieren. Es sind eben nicht ihre Projekte, sondern die des Chefs.
Von der Kontrolle des Chefs befreit haben Mitarbeiter erfahrungsgemäß einen Motivationsschub und gehen mit viel Elan an die Umsetzung ihrer Projekte. Schließlich wollen sie ihrem Chef zeigen, was sie wirklich drauf haben, damit sie auch in Zukunft mehr Freiheiten haben und mehr selbst entscheiden können.
Wenn die Sache gut läuft, haben alle etwas davon. Nicht nur der Mitarbeiter profitiert von einem gut gelaufenen Projekt, sondern das ganze Unternehmen – und das wirft letztlich ja auch ein gutes Licht auf den Chef.
Es ist wie im berühmten Marshmallow-Test (unten ein sehenswertes und amüsantes Video dazu). Der Chef muss seine Bedürfnisse (in seinem Fall die nach Kontrolle und Selbstbestätigung) zurückstellen, wird aber später mit guten Ergebnissen belohnt.
Wenn Sie sich darin üben, Ihr Ego zu parken, ermöglichen Sie langfristige Erfolge. Das beginnt schon im Kleinen: zum Beispiel, indem Sie den anderen sprechen lassen und interessiert zuhören und nachfragen. Dann können Sie zwar nicht gleich Ihre Meinung abgeben und so den Gesprächspartner auf Ihre Linie bringen, aber Sie erhalten Informationen, die sich später als wertvoll herausstellen können.
Ebenso, wenn Sie eigene Fehler eingestehen. Die Mitarbeiter werden dann auch eher von ihren Fehlern berichten, was Ihnen die Möglichkeit gibt, den Schaden zu reparieren. Neigen Sie hingegen zum Vertuschen oder zum Verschweigen eigener Fehler, erziehen Sie auch Ihre Mitarbeiter dazu. Das erspart Ihnen den peinlichen Moment des Eingeständnisses, verführt Ihre Mitarbeiter aber zur Nachahmung.
Und auch so können Sie Ihr Ego parken: Konsultieren Sie Ihre Mitarbeiter, um eine zweite Meinung zu erhalten – vielleicht sogar eine noch bessere als Ihre eigene! Ihre Mitarbeiter sind schließlich Experten im operativen Geschäft.
Die Meisterklasse beim Ego-Parken ist übrigens, den Mitarbeiter machen zu lassen und die Projektkontrolle aus der Hand zu geben – so wie der Chef im Beispiel oben. Und anstatt ab und zu nachzufragen, wie denn das Projekt läuft, vereinbaren Sie jede zweite Woche oder jede Woche einen festen Schulterblick-Termin. Hier berichtet Ihr Mitarbeiter Ihnen alles Wichtige und fragt, wenn’s was zu fragen gibt.
Die Mitarbeiter sollten zu Ihnen kommen und Fragen stellen können: „Ich würde das so machen, die Vor- und Nachteile sind dabei diese … Was meinen Sie, Chef?“ Geparktes Ego, langfristiger Erfolg: Ihr Ansehen und Ihre Autorität wird dadurch steigen und Ihnen langfristig mehr Macht und mehr Möglichkeiten geben.