In einem Vortrag meines Speaker-Kollegen Helmut Fink-Neuböck hörte ich kürzlich den Satz, dass durch die Arbeit mit agilen Teams die ‚Illusion der Kontrolle weg ist’. Heißt, früher dachten Führungskräfte, sie hätten Kontrolle, obwohl sie das de facto nie hatten. Nun ist diese Illusion also perdue?
„Lustiger Spruch!“ dachte ich zunächst. Dann dachte ich: „Wie spannend!“ Denn wirklich: Sie führen ein Team von 3, 7 oder noch mehr Menschen? Sie können diese Menschen nicht 8 Stunden am Tag kontrollieren. Vertrauen war schon immer notwendig, wenn Sie sich selbst auf Ihre eigene Arbeit konzentrieren wollen. Und ich liebe Vertrauen, da es der Treibstoff für exorbitante Ergebnisse ist – zusammen mit einigen weiteren Zutaten.
Wenn Sie nach agilen Grundsätzen arbeiten, dann machen Ihre Teams jetzt also was sie wollen?
Als Fan von Loslassen und Vertrauen – siehe Video – glaube ich fest an Leistung und Kreativität von Mitarbeitern, wenn sie vom Chef gelassen werden. Die Rahmenbedingungen gibt der Chef oder die Unternehmensführung schon vor, aber die Ausführung kommt durch die Kreativität der Mitarbeiter zustande. Mitarbeiter sind bestens geeignet, wenn es darum geht, Problemlösungen zu entwickeln, Prozesse zu verbessern und zu erkennen, welche Schwachstellen im Unternehmen bestehen.
Abgrenzung: Ich spreche hier nicht über Leistungsverweigerer im Team. Wenn das Ihr Thema sein sollte, dann hören Sie bitte den Podcast Episode 17 bzw. lesen den Blog Impuls 202.
‚Illusion der Kontrolle’ hin oder her, Führungskräfte haben und werden immer Kontrollfunktionen behalten. Je nach Arbeitsweise im Unternehmen nur eben nicht so enge Kontrolle. Das WIE entscheiden insbesondere in agil arbeitenden Teams nun die Mitarbeiter (Habe ich schon gesagt, dass ich begeistert davon bin?). Doch die Zielrichtung kommt nach wie vor von der obersten Führung, die einen Überblick hat über die Marktentwicklung, die Unternehmensstrategie definiert und die Prioritäten setzt.
Die Quintessenz bezüglich Kontrolle lautet also:
Alle Führungskräfte haben nach wie vor eine Kontrollfunktion.
Und alle Führungskräfte haben nach wie vor – so wie das eigentlich schon immer hätte sein sollen – die Pflicht, Mitarbeitern Freiräume zu gewähren.
Fragen Sie sich manchmal, warum der Jotzo immer wieder ähnliche Aspekte von Führung von unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet? Ich sage es Ihnen, weil ich in meinen Führungskräfte-Seminaren all dies mit den teilnehmenden Führungskräften bespreche. Dann nicken alle und sind sich einig. Und noch im Trainingsraum machen die Führungskräfte das Gegenteil! Der Redeanteil liegt bei der Mehrheit der Führungskräfte deutlich über 50%, die Lösung kommt meistens vom Chef und um alles abzurunden, macht der Chef am Ende auch noch die Gesprächs-Zusammenfassung selbst. Ich gebe einfach nicht auf, damit Führungskräfte all das nicht nur im Kopf verstehen, sondern auch entsprechend handeln. Der Job von Führungskräften ist es, den Mitarbeitern die ihnen zustehende Gestaltungsfreiheit innerhalb eines abgesprochenen Rahmens zu gewähren bzw. einzufordern.
Die ‚alten Haudegen’ regieren von oben und sorgen mit ihrer klaren Ansage dafür, dass es so gemacht wird, wie sie sagen. Die ‚modernen’ Führungskräfte hören Ihren Mitarbeitern zu, lassen ihnen Freiheiten und sind in der Lage, von Ihren Mitarbeitern zu lernen.
Wer wird sich auf Dauer durchsetzen?
Die Kommunikationswissenschaftlerin Christiane Brandes-Visbeck sagt, dass diejenigen gewinnen, die am Ende mehr Profit bringen. Die anderen werden weichen müssen. Weichen müssen. Das finde ich super. Denn immer mehr Unternehmen verstehen, dass Führungskräfte mit autoritärem Führungsstil nicht das Beste von Ihren Mitarbeitern bekommen – nämlich lustvolle Kreativität und Engagement. Zufällig ist lustvolle Kreativität und Engagement auch das, was Menschen am allerliebsten ins Unternehmen einbringen. Nein, das ist keine Ironie: bei Fragen bitte noch mal Podcast Episode 17 hören oder Blog Impuls 202 lesen.
Jetzt ist es allerdings so, dass diese alten Haudegen aber nur weichen müssen, wenn es konsequente Führungskräfte über Ihnen gibt. Zum Beispiel so einen: Mein Bekannter Michael, Geschäftsführer im Mittelstand, sagte einmal zu seinem Bereichsleiter, nachdem seine zweite Assistentin innerhalb von 10 Monaten gekündigt hatte: „Wenn Deine nächste Assistentin auch so bald kündigt, dann gehst du mit.“
Manche Führungskräfte sind einfach toxisch. Sie vergiften das Klima, bremsen Produktivität, Motivation und Engagement und kosten das Unternehmen richtig viel Innovationskraft und Geld. Da braucht es einen starken Chef eine Ebene höher, der diese Führungskraft entweder mit einer klaren Ansage inklusive Ultimatum dreht oder aus dem Unternehmen entfernt.
Wollen Sie denn gern wissen, wie gut Sie eigentlich Ihren Job als Führungskraft machen?
Anbei drei Fragen, die Sie dafür ihren Mitarbeitern stellen:
Lassen Sie sich überraschen, was Ihre Mitarbeiter antworten und lernen Sie. Jeder Mensch tickt anders, so auch jeder Mitarbeiter. Finden Sie heraus, was Ihre Mitarbeiter brauchen.
Viel Erfolg!
Ihr Markus Jotzo