Impuls 294. Erfolgsfaktor 7 der 10,5 größten Erfolgsfaktorem im Leben: Ruhig bleiben.
Fast jeder von uns denkt immer mal wieder – manche sogar täglich – solche Gedanken.
„Ach, wenn ich das doch nur geahnt hätte!“
„Das gibt’s doch gar nicht!“
„Oh Mann! Hätte ich das letzte Woche schon gewusst, dann …“
Wozu führt das? Ich bin davon überzeugt, das führt meistens zu nichts Gutem. Denn sich darüber aufzuregen, dass der Stau so lange dauert, dass Deine Kasse im Supermarkt den langsamsten Kassierer der Galaxis hat oder dass ein Platzregen biblischen Ausmaßes darnieder fällt, wenn Du vor 4 Minuten das Haus verlassen hast, nützt … genau, NICHTS! Es nützt nichts.
Vor Jahren nahm ich an einen Volkshochschul-Kurs ‚Autogenes Training‘ teil. Ich erinnere mich noch an drei Dinge: Erstens, es hat mir gutgetan. Zweitens, ich bin fast jedes Mal dabei eingeschlafen. Und drittens, erinnere ich mich an eine Geschichte unseres Dozenten. Er erzählte, wie er an der Supermarktkasse steht und dann beim Kunden vor ihm der Kassierer nicht weiß, wie er einen Sonderposten-Artikel einbuchen kann. Also will der korrekte Kassierer seine Kollegin über Lautsprecher um Unterstützung rufen. Der Kunde nennt dem Kassierer zwar den exakten Betrag, aber das darf der Kassierer ihm wohl nicht einfach so glauben. Kurzum, es dauert länger und länger und länger. Ich denke allein beim Zuhören schon, OMG, wenn das mir passiert wäre, dann wäre mein Puls von Sekunde zu Sekunde höher geschnellt.
Dann kommt der entscheidende Satz meines Dozenten. Er sagt: „Wenn ich mich jetzt aufgeregt hätte, wäre es nicht schneller gegangen.“ Ich wiederhole den Satz, weil ich ihn bemerkenswert finde: „Wenn ich mich jetzt aufgeregt hätte, wäre es nicht schneller gegangen.“ Mir fiel es wie Schuppen aus den Haaren. Eine solche tiefgründige Weisheit hätte ich in diesem Volkshochschulkurs nicht erwartet. Der Gedanke ist so genial einfach und war damals völlig neu für mich. Warum sollten wir etwas tun, was gar nichts nutzt?
Tief atmen hilft
Nun, ich selbst werde bei solchen Sachen besser, bin aber auch nicht Buddha. Ich rege mich schon hier und dort auf. Das Entscheidende ist für mich, nach einem ersten spontanen Aufreger, die Situation nicht immer wieder erneut aufzurufen, es allen möglichen Leuten zu erzählen und sich dabei jedes Mal erneut aufzuregen. Kennen Sie solche Menschen? Die erzählen Ihnen immer wieder dieselben Geschichten, aber ändern nichts. So wie der Freund, der sich immer wieder darüber beklagt, wie schlecht ihn doch seine Partnerin behandelt. Oder die Freundin, die über ihren Ätz-Chef immer wieder herzieht. Oder der Kollege, der wieder über seinen Nachbarn schimpft, die Politik, Corona und überhaupt.
Dabei geht einfach nur Energie verloren. Gut wir könnten uns mit dem anderen emotional verbünden und ihm beipflichten, dass ihm echt übel mitgespielt wird. Doch nützt das was? Nicht wirklich.
Wie geht’s besser?
Ideal wäre es doch, der Freundin, dem Kumpel und dem Kollegen zu spiegeln, dass er sich über etwas aufregt, das nicht veränderbar ist. Das Verhalten der anderen liegt außerhalb seines Einflussbereichs. Es ist Vergangenheit. Vielleicht sogar – noch schlimmer – eine Begebenheit in der Vergangenheit, die sich wieder und wieder wiederholt. Aber die Person, die es Dir erzählt, ändert nichts. Und schickt sich auch nicht an, Informationen einzuholen, wie sie anders agieren könnte. Mit anderen Worten sie sieht sich als Opfer, das sich nicht wehren kann.
Schrecklich!
Das finde ich schlimm, denn ich bin der Überzeugung, dass wir prinzipiell nie Opfer sind. Siehe dazu Erfolgsfaktor 1 der 10,5 Erfolgsfaktoren im Leben. Wir sind immer verantwortlich handelnde Wesen. Außer als Kind unter 18, das ist was anderes. Aber ab 18 treffen wir unsere eigenen Entscheidungen – okay, auch schon vorher, aber ab 18 als volljährige Person, sind wir auch vor dem Gesetz dafür voll verantwortlich.
(Die Opfer von Gewaltverbrechen sind aus aus meiner Sicht schon Opfer. Oder doch nicht? Meine exakte Sichtweise diskutiere ich gern mit Dir intensiv bei Gelegenheit persönlich. Für 99,99% aller Fälle auf diesem Planeten halte ich die Opferperspektive für nicht hilfreich.)
Wie sieht die Lösung aus?
Was können wir tun? Du kannst als miserabel behandelter Freund Deiner Freundin Deine Sichtweise mitteilen oder sie verlassen. Wir können unserem Ätz-Chef ein Feedback geben oder uns einen neuen suchen. Was je nach Ausprägung eine gute Lösung ist. Siehe Blog 256 „Ich hasse meinen Chef“ oder das Video „Chef/in kritisieren. Hartnäckig. Klar. Wertschätzend.“ auf meinem YouTube-Kanal. Wir können akzeptieren, dass unsere Regierung immer wieder Entscheidung treffen wird, die uns betreffen, die wir aber widerum nicht beeinflussen können
Manchmal sage ich, wenn mich jemand wiederholt oder aus meiner Sicht sinnlos mit Stories zutextet: „Können wir bitte das Thema wechseln, ich glaub’, der ändert sich sowieso nicht.“ Oder „Sag mal, können wir über was Schöneres sprechen als über Deinen Chef?“. Woran ich noch arbeiten darf, ist, es auch einfühlsam zu sagen und nicht zu schroff, denn für den anderen ist ja ein wichtiges Thema.
Das Modell „Circles of Control“
Zu Deinem Verständnis und Deinem bewussten Handeln in der Zukunft empfehle ich dieses Modell. Ich liebe dieses Modell.
Denn das Modell der Circles of Control zeigt Möglichkeiten und Grenzen für viele unserer täglichen Situationen auf.
Stell’ Dir das Modell vor wie drei konzentrische Kreise bzw. Ringe.
Der Kreis in der Mitte – Circle of Control
Die Mitte bildet der Circle of Control. Das sind Verhaltensweisen, die wir selbst heute oder zukünftig tun oder eben nicht tun.
Unsere Emotionen und unsere Reaktionen auf Geschehnisse gehören dazu. Die liegen für jeden Menschen im eigenen Einflussbereich. Ja gut, manch einer gelingt es noch nicht so gut die eigenen Gefühle zu beherrschen, der wird eher von den eigenen Gefühlen beherrscht. Da fehlen hier und da noch etwas Achtsamkeit und Ausgeglichenheit. Manch eine explodiert bei jeder Kleinigkeit. Aber grundsätzlich liegen unsere Handlungen, unsere Reaktionen und unsere Emotionen zu 100% in unserem Circle of Control.
Der äußerere Ring – Circle of Concern
Der äußere Kreis ist der Circle of Concern. Viele Geschehnisse wirken auf uns und beeinflussen unserer Leben, dann gehören diese Dinge zum Circle of Concern – zum Kreis bzw. Ring der Betroffenheit. Das sind die Dinge, über die sich so mancher aufregt – unnötig in sehr vielen Fällen.
Diese Dinge betreffen uns, aber wir können sie nicht beeinflussen. Dazu gehört auch – für mich und viele der Leserinnen – die Entscheidungen von Politikern auf diesem Planeten, die manchmal sehr krasse und … wenn ich das so sagen darf bescheuerte, arrogante Entscheidungen treffen. Die betreffen uns, aber beeinflussen können wir sie nicht.
Der mittlere Ring – Circle of Influence
Kann ich die Entscheidungen der Regierung tatsächlich nicht beeinflussen? Nun, heute nicht. Aber ich könnte in die Politik gehen oder eine Bürgerinitiative gründen. Dann lägen künftige Entscheidungen der Regierung – wenn ich richtig gut bin – sogar in meinem Circle of Influence. Naja, das überlasse ich anderen. Ich schreib lieber über Selbst- und Mitarbeiter-Führung.
Also, der mittlere Ring zwischen dem inneren Kreis und dem äußeren Ring ist der Circle of Influence. Gut können wir uns nahestehende Personen beeinflussen, indem wir auf sie einwirken. Verbal oder körperlich. Und wir können unserer Freundin sagen, dass wir gern für sie da sind, wenn sie bereit ist, auch etwas zu verändern, statt nur über den Ätz-Chef zu klagen und sich selbst als Opfer zu sehen. Und wir können sogar einen Schläger auf der Straße mit der richtigen Courage stoppen.
Im Circle of Influence und im Circle of Control liegt unsere Kraft und Macht zur Veränderung. Dort empfehle ich, Deine Energie zu investieren.
Das Gelassenheitsgebet & die Verantwortung
Ob Reinhold Niebuhr, der amerikanische Theologe, dieses Konzept der Circles of Control kannte? Die Idee des Konzepts kannte er bestimmt. Von Reinhold Niebuhr stammt das Gelassenheitsgebet, das Du vielleicht schon einmal gehört hast.
„Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“
In diesem vermeintlich harmlosen Gebet steckt für mich so viel Klugheit und – bei Umsetzung – viel Lebenszufriedenheit für jede, die es täglich lebt.
Denn meckern bringt nix. Es geht nicht schneller im Stau. Der Kollege verändert sein Verhalten nicht. Und die Ätz-Chefin? Die ätzt weiter vor sich hin, vergiftet die Stimmung im Team und versaut sich selbst die Ergebnisse. Mein Sohn Oscar würde dazu sagen „Reingeschissen.“
Die Lösung in vier Schritten
Schritt 1: Erkennen, welche Dinge veränderbar sind und welche nicht.
Schritt 2: Über Unveränderbares anders denken. Statt meckern zum Beispiel so:
„Ich akzeptiere, was geschehen ist.“ Der Satz „Das gibt‘s doch gar nicht!“ gehört daher aus Deinem Wortschatz gestrichen. Das heißt nicht, dass Du es deswegen gutheißt. Aber es ist nun mal so passiert.
Schritt 3: Frage Dich: „Wie gehe ich jetzt bestmöglich damit um?“
Schritt 4: (Bitte nicht weglassen!) Sich für das nächste Mal vorbereiten: „Wie kann ich so etwas in der Zukunft vermeiden oder beeinflussen?“
Der Spruch der Spartanischen Kämpfer passt dazu sehr gut: „He who sweats more in training bleeds less in war.“
Je mehr Du im Training schwitzt, desto weniger blutest Du im Kampf.“
Du könntest die neue Herangehensweise auch aufschreiben und oder trainieren. Mit einem Coach, einer Freundin oder allein. Warum haben erfolgreiche Menschen einen oder mehrere Coaches? Weil sie dadurch immer besser und besser werden, obwohl sie schon sehr gut sind.
Wir sind nicht Buddha – aber lass und Verantwortung übernehmen
Natürlich werden Du und ich immer wieder solche Sätze denken wie am Beginn dieses Artikels. Doch dann, wenn Du Dich einen solchen Satz sagen hörst, dann heißt es, kurz STOP zu denken und zu sagen … „Wenn ich mich hier aufrege, bringt mir das nichts. Ich schreie jetzt noch drei Mal laut ins Kissen, kotze dann zwei Mal auf den Balkon – vielleicht nur mit meiner Körpersprache, um meine Nachbarn nicht zu schocken. Dann überlege ich mir, wie ich mit der Situation intelligent und reflektiert umgehe.“
Du prüfst kurz, ob das Verhalten einer anderen Person in Deinem Circle of Concern oder Circle of Influence liegt und entscheidest dann entsprechend. Und falls Du auf die andere Person künftig nicht einwirken möchtest, dann bleibt Dir immer noch Dein Circle of Control, den Dir niemand nehmen kann. Du entscheidest über Deine Gefühle und Gedanken, niemand sonst. Meditation und Achtsamkeitstraining hilft. Apropos, ich werde jetzt mal eine kleine Auszeit nehmen, nachdem ich nun vier Mal je 45 Minuten an diesem Artikel geschrieben habe und etwas meditieren. Denn „Zeit für mich“ ist mein Jahres-Motto 2022.
Deine Verantwortung ist diese: Du entscheidest Dich, ob Du eine Problemumkreiserin oder eine Lernende Person bist. Wenn der zweite Satz lautet: „Das ist ja echt doof, ab sofort werde ich x oder y tun, um solche Dinge zu vermeiden.“ dann denkst Du lernend und wachsend.
Nun fehlt nur noch Dein Selbsttraining und die Umsetzung Deiner Lösung, wenn Dir mal wieder etwas … merkwürdiges passiert. Dabei wünsche ich Dir viel Erfolg.
Rock ‚n‘ Roll, Dein Markus Jotzo
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