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Haben Sie sich schon mal überlegt, wie sich Ihre Mitarbeiter fühlen, wenn Sie als Führungskraft die Führung in Veränderungsprozessen übernehmen?
Schauen wir uns doch mal ein privates Beispiel an: Wie funktioniert Change Management in Ihren eigenen vier Wänden? Stellen Sie sich vor, Ihr Partner übernimmt die Führung in Veränderungsprozessen und möchte Ihre Wohnung umräumen. Er möchte Schlafzimmer und Wohnzimmer tauschen und ebenso Kinderzimmer und Arbeitszimmer. Wie würden Sie reagieren? Unter welchen Umständen würden Sie voll mitziehen und die Hindernisse auf dem Weg zur neuen Organisation mit Tatkraft anpacken?
Nun, erst einmal gilt es, eine Antwort zu finden auf die Frage: Warum diese verrückte Idee? Es müsste also erstens einen Grund geben. Und zweitens müsste es ein Grund sein, der Ihren Werten und Präferenzen entspricht. Nur dann würden Sie bei dieser privaten Restrukturierung mitziehen.
Unsinn oder nicht nachvollzogener Sinn führt immer zu Kopfschütteln und Widerstand – egal welche Veränderungen Sie umsetzen möchten. Wenn Sie etwas in Ihrem Team oder Unternehmen verändern wollen, dann muss das Sinn machen. Und zwar nicht nur als Floskel: „Wir wollen wachsen, wir wollen wettbewerbsfähiger sein, wir wollen mehr Gewinn erzielen.“
Diese Ziele sind verständlich, aber noch relevanter für Ihre Mitarbeiter wäre, wenn Sie die Frage beantworten: Welche positiven Konsequenzen wird denn dieses Wachstum für die Mitarbeiter in Ihrem Unternehmen haben? Damit könnten Sie – potenziell – überzeugen. Wenn Sie für die Mitarbeiter keinerlei positive Konsequenzen anzubieten haben, dann wird es schwieriger, Mitstreiter zu finden.
Gute Gründe bei Veränderungen allgemein können sein, dass sich die Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter verbessern, dass z.B. Konflikte gelöst und damit die Zusammenarbeit verbessert wird oder dass Kommunikation und Prozesse vereinfacht werden und Zeit eingespart wird. Das sollten Sie dann aber auch glaubhaft darstellen. Es muss letztlich für Ihre Mitarbeiter nachvollziehbar sein.
So, das Ziel ist nachvollziehbar, das ist der erste Schritt. Nun kommt der Knackpunkt: Was exakt verändern Sie, um dieses Ziel zu erreichen?
Umstrukturierung? Verschiebung von Verantwortlichkeiten? Zusätzliche Aufgaben?
Ihre Mitarbeiter wollen es ganz konkret wissen: Wie hilft uns diese neue Art zu arbeiten, die genannten positiven Konsequenzen für Ihre Mitarbeiter zu erreichen? Und wer hilft Ihren Mitarbeitern, diese neuen Verantwortlichkeiten zu schultern? Das haben sie #niezuvorgemacht.
Was passiert, wenn Sie die Arbeit einer ganzen Abteilung outsourcen, die Abteilung auflösen und Mitarbeiter teilweise entlassen? Da kommen in Ihrem Team automatisch Ängste auf, ob man selbst der Nächste sei. Das ist selbst bei Leistungsträgern oder Mitarbeitern in wichtigen Schlüsselpositionen der Fall. Selbst wenn niemand entlassen wird, schwingt in einem Veränderungsprozess immer die Furcht mit, den eigenen Arbeitsplatz zu verlieren.
John Kotter, Professor an der Harvard University, sagt dazu: Entwickeln Sie eine Zielvorstellung und eine Strategie für die Führung in Veränderungsprozessen. Für die Akzeptanz Ihrer Strategie ist wichtig, diese nicht von oben herab zu diktieren, sondern die Mitarbeiter einzubeziehen – soweit das möglich ist.
Die Stimmung im Unternehmen ist meist – je nachdem wie drastisch Ihre Veränderungsmaßnahme ist – eine emotionale Gemengelage von Frust, Unsicherheit und Angst.
Ein weiteres Beispiel: Die Krankenquote zu halbieren, ist für Mitarbeiter ein abstraktes Ziel. Natürlich ist es schön, wenn Mitarbeiter weniger krank werden, aber das klingt zu sehr nach Kosteneinsparungen aus Sicht des Unternehmens. Gleichzeitig schwingt Kritik an den Mitarbeitern mit: „Da wird zu oft krank gefeiert.“ Der Mitarbeiter sieht darin nicht sofort den Sinn für ihn selbst.
Wenn Sie aber zusätzliche Ziele definieren, wie mehr Spaß und Freude bei der Arbeit zu haben, dass Führungskräfte wertschätzend mit Mitarbeitern umgehen, dass Loben eine übliche Praxis wird und dass eine gute Stimmung und ein harmonisches Klima der Zusammenarbeit und Kooperation entsteht. Wenn Sie in diesem Zuge endlich das Silo-Denken eliminieren wollen, dann macht dieser Veränderungsprozess für Mitarbeiter sehr viel Sinn.
Für gute Führung in Veränderungsprozessen benötigen Sie einen Maßnahmenplan, der glaubwürdig die Zielerreichung und die positiven Konsequenzen für Ihre Mitarbeiter stützt.
Entscheidend ist dann: Wie messen Sie die Fortschritte? Woran machen Sie fest, dass Sie besser geworden sind – vor allem bei qualitativen Zielen?
Die wenigsten Unternehmen geben sich aber Mühe, die Qualität der Fortschritte zu bemessen und offen zu teilen.
Häufig herrscht die Herangehensweise „Augen zu und durch“. Jedoch: Wenn sehr gute Führungskräfte die Unsicherheiten und Ängste nicht gekonnt auffangen, bleiben Akzeptanz und Leistungsfähigkeit hinter den Möglichkeiten zurück. Immer wieder belegen Studien, dass nur 25% von Change-Projekten erfolgreich sind.
Die Lösung ist trivial und wird gleichzeitig noch zu selten praktiziert. Beziehen Sie sowohl bei der Definition der Maßnahmen als auch bei der Definition der Messkriterien Ihre Mitarbeiter mit ein. Für den Erfolg Ihrer Maßnahmen ist wichtig, die Mitarbeiterperspektive zu berücksichtigen. Die sollen die Veränderungen ja nicht nur ausführen, sondern leben.
Je mehr Sie die Mitarbeiter einbinden, desto höher ist deren Informationsstand und desto geringer deren Unsicherheit und Frustration, da die Mitarbeiter – zumindest zum Teil – mitgestalten dürfen.
Bodo Janssen, Geschäftsführer und Inhaber der Hotelkette Upstalsboom hat beeindruckend gezeigt: Erstens, das Top-Management muss zunächst sich selbst hinterfragen. Zweitens, Änderungen brauchen Zeit. Drittens, Rückschläge sind normal. Und viertens, mit einer hohen Einbeziehung der Mitarbeiter kann viel verändert werden.
Wenn Sie sich fragen, wie Sie Dinge verändern können, finden Sie bei Upstalsboom gute Rezepte. Die Hotelkette hat u.a. zwölf Werte für die neue Unternehmenskultur definiert.
Wer war maßgeblich an der Ausarbeitung dieser Werte beteiligt? Die Mitarbeiter. Und wie gut wurden diese Werte dann vom Team gelebt? Trotzdem schlecht! Warum? Weil es Zeit und Ausdauer braucht. Erst als sich jedes Team für jeweils sechs Monate einen Wert ausgesucht hat und diesen regelmäßig in den Teammeetings besprochen hat, wobei jeder Mitarbeiter mindestens ein Beispiel nennen durfte, wie er oder jemand anderes diesen Wert in den vergangenen zwei Wochen gelebt hat, hat sich die Unternehmenskultur verändert. Stück für Stück.
Das folgende Video über diese Veränderungen ist in diesem Zusammenhang sehenswert: „Die stille Revolution“.
Nehmen wir den Wert Wertschätzung. Wenn die Mitarbeiter sich nicht täglich an ein wertschätzendes Miteinander erinnern, dann werden sie alles so machen, wie sie es immer gemacht haben. Was machen die Mitarbeiter bei Upstalsboom? Am Beginn jedes Team-Meetings bilden sich für vier Minuten Dreier- oder Vierergruppen. In diesen Kleingruppen gibt jeder jedem ein positives Feedback: Was hat er oder sie an der Zusammenarbeit mit diesem Kollegen in den letzten vier Wochen geschätzt? Auf diese Weise wird Wertschätzung wirklich gelebt und die Menschen erleben, wie das funktioniert. Natürlich funktioniert nicht immer alles sofort. Aber dadurch, dass die Mitarbeiter in jedem Teammeeting daran erinnert werden, funktioniert es Schritt für Schritt immer besser und die Mitarbeitermotivation steigt.
Wenn nun aber jedes Team für sechs Monate nur einen Wert aussucht und in das tägliche Handeln integriert, dann dauert es bei zwölf Werten ja sechs Jahre, bis jedes Team jeden Wert für sechs Monate bewusst bearbeitet hat. Ja, genau! Sicher müssen es nicht sechs Jahre sein, aber mehrere Jahre für einen Kulturwandel zu veranschlagen, ist absolut sinnvoll.
Was auch immer Sie in Ihrem Unternehmen verändern wollen, es braucht ein Monitoring. Monitoring heißt, dass Sie regelmäßig betrachten, wo Sie stehen: Was hat gut geklappt und was noch nicht? Wie justieren sie das nach, was noch nicht funktioniert?
Informieren Sie Ihre Mitarbeiter darüber, welche ersten Erfolge Sie schon erzielt haben? Das ist wichtig, um an den Themen dran zu bleiben und auch die Energie zum Weitermachen aufbringen zu können.
Die Aufgabe bleibt jedoch herausfordernd: Ihre Unternehmenskultur ist über Jahre, vielleicht Jahrzehnte gewachsen. Sie zu verändern, braucht Energie, Zeit und vor allem konsequentes Dranbleiben. Nur wenn Sie bereit sind, zu investieren, verändert sich Ihre Unternehmenskultur in der von Ihnen gewünschten Art und Weise.
Sind Sie bereit, dranzubleiben?
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg!
Ihr Markus Jotzo