Impuls 353. Deine Fehler-Kompetenz stärken Teil 2

In diesem Blog Impuls geht’s wieder ums „Fehler vermeiden“. VOR ALLEM geht’s aber zunächst darum, offen mit Fehlern umzugehen. DAS ist die Bedingung dafür, dass wir dann im zweiten Schritt – nachdem wir offen über diese Fehler gesprochen haben – zukünftig Fehler vermeiden.
Ganz konkret schauen wir uns an: Wie kannst Du gemeinsam mit Deinem Team zu 100 % zu Fehlern stehen, dadurch mehr lernen und die Performance Deines Teams steigern?
Und Du erfährst auch, warum es äußerst wertvoll sein kann, seinen Laptop im ICE liegenzulassen – auch wenn ich Dir dieses Verhalten grundsätzlich nicht empfehle.
Psychologische Sicherheit erhöhen – Fehler erhöhen
Wir starten mit drei Tipps, um die Feedback- und Fehler-Kultur in Deinem Team zu steigern:
Fehler-Kultur Tipp 1:
Sprich einmal pro Monat im Team-Meeting über Deinen größten Fehler des Monats und was Du daraus gelernt hast. Vielleicht wirst Du Dir beim ersten Mal noch etwas merkwürdig dabei vorkommen, aber es ist ein klares Signal „Wir sprechen hier im Team offen über alle Fehler. Hier wird nichts vertuscht.“
Diese Fehler-Vorstellung dauert nur 60 Sekunden, nicht länger. Das reicht schon aus, um Deinem Team ein klares Zeichen zu senden. Entscheidend ist, diese Fehler-Vorstellung jeden Monat zu wiederholen.
Ab Monat zwei macht einer Deiner Mitarbeitenden mit. Ebenfalls nur 60 Sekunden.
Für den Fehler des Monats gilt: Der Fehler benötigt eine gewisse Tragweite. Wenn Du nur vergessen hast, einen Rechtschreibfehler in einer E-Mail zu korrigieren, ist das zu banal. Und eine Million versenkt zu haben, ist auch kein Muss. Irgendetwas dazwischen ist sinnvoll.
Fehler-Kultur Tipp 2:
Du lässt Dir von Deinem Team einmal pro Jahr ein Feedback geben für Deine Führungs-Qualität. Im Anschluss definierst Du konkrete Umsetzungspunkte für Dich und lässt Dich alle drei Monate überprüfen, wie gut Du diese Dinge schon umgesetzt hast.
Für einen solchen Feedback-Workshop empfehle ich Dir eine neutrale Moderation, damit Deine Mitarbeitenden sich wirklich trauen, alles zu sagen.
Und wichtig ist, alle drei Monate nach dem Feedback Deine Verbesserung zu überprüfen.
Wenn Du für diesen Prozess einen Moderator suchst, dann meld‘ Dich gern bei mir.
Fehler-Kultur Tipp 3:
Jeder im Team fragt alle zwei Monate eine Kollegin, mit der er regelmäßig innerhalb oder außerdem des Teams zusammenarbeitet: „Was kann ich tun, um unsere Zusammenarbeit zu verbessern?“ Eine direkte Frage nach Feedback.
Am Ende dieses Gesprächs vereinbaren die beiden Kollegen, was genau nun die Umsetzungsmaßnahmen sein werden, um die Zusammenarbeit zu verbessern.
Drei Monate später findet ein kurzer Folge-Termin statt, in dem die beiden die Umsetzung überprüfen.
Die Harvard Professorin Amy Edmondson und die Fehler-Kultur
Die Harvard-Professorin Amy Edmondson forscht zum Thema Fehler-Kultur seit 30 Jahren. Amy fasst eine gesunde Feedback- und Fehler-Kultur unter dem Begriff ‚Psychologische Sicherheit‘ zusammen.
Psychologische Sicherheit bedeutet einen offenen Austausch über Meinungen, Beobachtungen, Fehler in allen und zwischen allen Hierarchie-Ebenen. Die Folge ist eine offene Kommunikation über Fehler und im zweiten Schritt verstärktes Lernen aus Fehlern.
Das – zunächst – verblüffende an Amy Edmondsons Studien: Teams, die gut zusammenarbeiten, machen mehr Fehler als solche Teams, mit qualitativ schlechterer Kommunikation und schlechterem Team-Zusammenhalt.
Scheinbar.
Denn Teams, die richtig gut funktionieren, sprechen offen über ihre Fehler und deshalb scheint es so, als würden diese Teams mehr Fehler machen. Das Gegenteil ist der Fall. Funktionierende, offen kommunizierende Teams lernen aus Fehlern mehr, weil sie Fehler häufiger publik machen und sich mehr darüber austauschen.
Schlechter zusammenarbeitende Teams sprechen nicht offen über Fehler, verschweigen oder vertuschen ihre Fehler sogar, was zu deutlich weniger Lernen aus Fehlern führt.
Der Grund ist glasklar: Fehler werden in guten Teams nicht bestraft, sondern als ‚Teil des Spiels‘ akzeptiert und genutzt, um daraus zu lernen für die Zukunft.
Das falsche Engagement manifestiert Fehler
Eine weitere Erkenntnis in Amy Edmondsons Arbeit: Positiv gemeinte Workarounds sind häufig kontraproduktiv. Denn ein Mitarbeiter findet zwar spontan eine Lösung für ein Problem – wie z.B. mangelnder Nachschub an Material wird mit dem Besorgen des Materials bei der Nachbar-Abteilung gelöst – doch das tatsächliche Problem, warum die eigene Abteilung zu wenig Nachschub hatte, wird nicht gelöst. Der Workaround manifestiert also das Problem.
Deshalb sind gute Teams richtig heiß darauf, von Fehlern zu hören, um Prozesse zu optimieren und so die Qualität der Leistungserstellung immer mehr zu verbessern.
(Warum ich mich freue über das Verlieren meines Laptops im ICE)
Zurück zu meinem Laptop, den ich im ICE verloren hatte … davon hab‘ ich in Implus 352 erzählt. Sehr blöde Geschichte. ABER:
Warum bin ich heute froh, meinen Laptop vergessen zu haben?
Vielleicht war das eins der besten Dinge, die mir seit langem passiert sind. Denn kaum hatte ich den Verlust bemerkt, da ruft mich schon der freundliche und ehrliche Finder auf meinem Handy an. Er hatte recherchiert, wem der Laptop gehört und meine Handynummer online gefunden. Wir haben dann zwei Übergabeoptionen diskutiert und uns nach zwei klärenden Gesprächen mit der Deutschen Bahn auf eine persönliche Übergabe in Recklinghausen geeinigt. Was war ich happy!
Ich habe folgende Grund-Überzeugung: Alles, was mir passiert, ist immer für irgendetwas gut. In diesem Fall glaube ich, dass der Verlust mir helfen wird, auf meine persönlichen Wertgegenstände, wie Handy, Laptop und Brieftasche künftig besser aufzupassen. Da brauchte ich wohl einen Anstupser, der mich wieder konzentriert und achtsam macht.
Uli, der ehrliche Finder, hat sich seinen Finderlohn verdient. Obwohl Uli den Finderlohn erst gar nicht haben wollte, bestand ich darauf. Aus zwei Gründen: Erstens hatte er sich mit seiner Ehrlichkeit eine Anerkennung verdient. Ich hatte nach den zwei kurzen Telefonaten ein sehr gutes Gefühl, dass Uli eine ehrliche Haut ist. Zweitens wollte ich diese 50 Euro bezahlen, damit die ganze Sache auch ein bisschen schmerzhaft für mich sein würde. Sonst lerne ich nachher zu wenig draus und bin doch wieder unkonzentriert im ICE unterwegs.
Dein Job als Fehler machende Führungskraft
Noch mal zurück zu Dir und den Fehlern in Deinem Unternehmen. Wie ist die Einstellung zu Fehlern in Deinem Team beziehungsweise Deiner Abteilung? Wie offen, wertschätzend und direkt sprecht ihr über Eure Fehler? In allen Richtungen? Die Fehler- und Feedback-Kultur ist einer der Punkte für loyale oder für kündigende Mitarbeitende. Da jedem im Team Fehler passieren, ist ein offener, wertschätzender Umgang damit essenziell.
Vor wenigen Jahren durfte ich eine Entwicklungsabteilung coachen. Die lagen doch tatsächlich beim Thema Fehler- und Feedback-Kultur bei unter 60 Prozent. Und das in einem innovativen Bereich, in dem bekanntlich Fehler an der Tagesordnung sind! Wenn Du nicht fehler-offen und fehler-tolerant bist bei intelligenten, wertvollen Fehlern im Innovationsbereich, dann wirst Du nicht sehr innovativ sein. Jedenfalls nicht so innovativ bzw. erfolgreich wie es für Dich und Dein Team möglich wäre.
Ausprobieren und Scheitern gehört nicht nur bei Entwicklungsabteilungen zum Tagesgeschäft. Fehler sind eine Chance für Verbesserungen. Das gilt für alle Bereiche im Unternehmen.
Tipp vier: Die direkte Fehler-Kultur-Challenge
Der vierte Tipp in diesem Impuls, um noch besser mit Fehlern umzugehen in Deinem Team:
Lass alle im Team ihre Zustimmung zu folgender Aussage auf einer Skala von 1 bis 10 benennen:
„Wir sprechen offen über Fehler in allen Richtungen in unserem Team. Unter Kollegen. Zwischen Führungskraft und Mitarbeiter. Zwischen Mitarbeiter und Führungskraft. Wir lernen offen und konstruktiv daraus.“
Und dann frag‘ noch:
„Was ist schon gut?“, und „Was fehlt in Richtung einer 10?“
Auf Basis dieser Antworten entwickelst Du zwei bis drei Maßnahmen, um Deine Fehler-Kultur zu stärken.
Unternehmen benötigen eine gesunde Fehler-Kultur. Ja, niemand will Fehler machen. Aber: Wir werden immer Fehler machen. Fehler sind Teil des Spiels. Wer viel arbeitet, macht viele Fehler.
Dein Umgang mit Fehlern ist entscheidend für Deinen Führungserfolg. Folg‘ mir gern auf LinkedIn und Insta für weitere Tipps.
Wenn Du Dein Team auf ein höheres Level bezüglich Fehler- und Feedback-Kultur bringen möchtest, dann meld‘ Dich gern bei mir. Gern coache ich Dich oder Dein Team für dieses erfolgsentscheidende Thema.
Meinen Kontaktdaten findest Du in den Shownotes und auf meiner Homepage www.markus-jotzo.com.
Ich freue mich, von Dir und Deinen Fehlern zu hören!
Erfolgreiches Fehlermachen!
Führen wie ein Löwe!
Dein Markus
Foto von Daniel Jericó auf Unsplash