Impuls 121. Nicht kopflos, aber entschieden
Oben in den Bäumen, ein paar Meter über dem Boden, pochende Herzen und das Ziel ist 100 Meter entfernt.
Meine Erinnerungen waren sofort wieder da, als mir gestern die Bilder von unserem Kletterausflug im Oktober in die Hände gefallen sind. Meine Frau und ich waren mit unseren Kindern im Niendorfer Gehege in Hamburg klettern. Und obwohl sie noch nie klettern waren, sind sie von Baum zu Baum geklettert – mein 7-jähriger Sohn ganz alleine und meine 4-jährige Tochter ließ auch ab und zu meine Hand los. Von Schritt zu Schritt verflog ein bisschen mehr Furcht aus ihren Gesichtern und machte Platz für absolute Begeisterung. Da hatte ich bedeutend mehr Angst, dass ihnen etwas passieren könnte, als sie selbst.
Ja, Kinder sind offen für neue Erfahrungen und probieren Dinge, die sie noch nicht können, einfach aus. Sie können nicht malen, malen aber trotzdem Bilder. Sie können nicht laufen, stehen aber nach jedem Sturz wieder auf. Sie können nicht sprechen und versuchen es solange, bis es klappt. Sie können nicht klettern, besteigen aber trotzdem liebend gern Bäume – und haben dann gelegentlich Schwierigkeiten, wieder herunter zu kommen. Aber das ist nicht der Punkt.
Der Punkt ist folgender: Kinder lernen andauernd. Was sie nicht können, das probieren sie furchtlos aus. Manchmal ist es von Erfolg gekrönt, manchmal eben nicht. Aber das ist dann auch kein Beinbruch. Sie machen sich im Voraus keine Sorgen, ob sie scheitern könnten, sondern testen Neues einfach aus!
Wann ist Erwachsenen diese Eigenschaft abhanden gekommen? Oder wie ist das bei Ihnen? Wenn Sie sich beispielsweise selbstständig machen wollen, basteln Sie dann an einem Wochenende eine Homepage und rufen direkt am Montag um 9 Uhr einen ersten potenziellen Kunden an? Oder planen Sie monatelang den Launch Ihrer Website, machen Schaubilder zu Ihrem Angebot, wägen sämtliche Eventualitäten ab und versuchen, Ihren Auftritt zu perfektionieren, bevor Sie überhaupt jemandem von Ihrem Vorhaben erzählen?
Nun will ich Sie natürlich nicht dazu anstiften, kopflos und unüberlegt Ihre Existenz aufs Spiel zu setzen. Aber nur darüber zu reden bzw. nachzudenken, was Sie irgendwann einmal gern tun würden, bringt Sie Ihrem Ziel kein Stück näher. Und ewiges Abwarten, bis sich der günstige Zeitpunkt offenbart, Sie sich genug Wissen angeeignet haben und alle Zeichen auf Erfolg stehen, auch nicht.
Dabei ist es doch so: Erwachsene denken wahnsinnig gern in negativen Konsequenzen, weil sie schon einige negative Erfahrungen hinter sich haben und die Gesellschaft zusätzlich Ängste vor dem Unbekannten schürt. Das hält sie dann davon ab, etwas auszuprobieren, was sie noch gar nicht können – egal wie gern sie es vielleicht tun würden.
Aber sehen Sie es einmal so: Menschen wissen auch nicht, wie Elternschaft funktioniert, bis sie Eltern werden und in ihre Aufgabe hineinwachsen. Stellen Sie sich einmal vor, sie würden aus Angst, etwas falsch zu machen, darauf verzichten, Kinder zu bekommen …
Ja, natürlich besteht die Möglichkeit, dass ein neues Vorhaben scheitert. Aber dieses Scheitern hat einen großartigen Lerneffekt, denn so bekommen Sie rasend schnell Feedback und wissen, wie Sie es beim nächsten Mal anders machen müssen. Und mal ganz nebenbei: Auch eine professionelle Vorbereitung garantiert keinen Erfolg.
Da finde ich die Leichtigkeit von Kindern erfrischend. Sie kennen solche Grenzen nicht, haben keine Ängste, machen einfach, fallen hin, stehen auf, lernen daraus und machen weiter. Versuchen Sie das doch auch mal.
Gehen Sie in Aktion, gehen Sie ein Risiko ein, schalten Sie den Kopf aus und machen Sie das, was Ihr Bauch Ihnen sagt. Geben Sie Ihren Impulsen nach, krempeln Sie die Ärmel hoch und drehen Sie Ihre Welt um. Lassen Sie sich von fehlendem Wissen nicht davon abhalten, Ihr Leben zu bereichern.
Ja, machen Sie sich auf in Ihre Überforderungszone und sehen Sie, welche ungeahnten Kräfte und Fähigkeiten Sie mobilisieren können.
Was wollten Sie denn schon lange tun, haben sich bisher aber nicht getraut?