Impuls 189. ECHTE Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitern.
Sie kennen es vermutlich:
Innendienst gegen Außendienst.
Marketing gegen Vertrieb.
Logistik gegen Produktion.
Entwicklung gegen Verkauf.
Niederlassungen gegen die Zentrale.
Erster gegen zweiten Stock.
Überall gibt es Teams oder Unternehmensteile, die nicht vollständig kooperieren. Ich nenne dies Silo-Denken. Und ich meine hier nicht sich teilweise widersprechende Ziele, wie die Reduktion der Kapitalbindungskosten – etwa von der Logistik – und die Losgrößenoptimierung in der Produktion.
Ich spreche von zwischenmenschlichen Antipathien. Ich spreche von Vorurteilen und Formulierungen wie: „Die im Marketing verstehen ja gar nicht, was hier draußen beim Kunden alles los ist.“.
Ich spreche vom Blockieren, wenn einzelne Egos sich unbedingt durchsetzen wollen, auch auf Kosten anderer oder sogar des Unternehmens. Statt miteinander wird häufig übereinander geredet.
Wir sind alle nur Menschen
Ist das alles nachvollziehbar und verständlich?
Natürlich! Menschen in verschiedenen Abteilungen ticken verschieden. Deshalb beschäftigen sich manche Menschen gern mit Zahlen, Daten, Fakten, andere mit bunten Bildern und wieder andere sind am liebsten mit anderen Menschen im Dialog.
Da ist es normal, dass es auch mal kracht und Missverständnisse passieren.
Wenn die Beteiligten diese Missverständnisse aber nicht ausräumen und die Mitarbeiter keine Zeit für klärende Gespräche investieren – denn mit einem einzelnen klärenden Gespräch ist es manchmal eben nicht getan –, dann manifestieren sich Vorurteile und die selektive Wahrnehmung intensiviert das Silo-Denken.
Wissen Sie, was aus meiner Sicht das größte Problem an dieser Thematik ist? Dass niemand dieses Thema auf die Tagesordnung holt. Das steht nur dann auf der Tagesordnung, wenn der Karren schon richtig in den Dreck gefahren ist. Wenn große Projekte scheitern, Termine verpasst werden und Kunden extrem unzufrieden sind. Dann schaut der eine oder andere auch mal hin.
Ignoranz kostet
Das Problem daran ist, dass diese mangelnde Zusammenarbeit Sie täglich richtig viel kostet. Das kostet Sie Nerven, Qualität, Quantität, Schnelligkeit, Wettbewerbsvorteile und die Motivation vieler Mitarbeiter, sich im Job reinzuknien und zu engagieren. Und schließlich steigt dadurch auch noch die Fluktuation. Kein Wunder also, dass uns die Gallup Studie Jahr um Jahr zeigt, dass nur einer von fünf Mitarbeitern sich voll für das Unternehmen ins Zeug schmeißt.
Da lohnt es sich, etwas genauer hinzuschauen und das Thema anzunehmen.
Was können Sie tun, um für echte Zusammenarbeit zu sorgen?
- Was können Sie als Chef tun?
- Was kann jeder einzelne Mitarbeiter tun?
- Was können ganze Teams tun?
1. Der Chef fängt an – wer sonst?
Was können Sie als Führungskraft tun?
Sie wissen ja bereits, der Fisch stinkt vom Kopfe her. Was Sie vorleben, dass kopieren Ihre Mitarbeiter bewusst oder unbewusst.
Also: Wie gut ist es mit Ihrer Kooperation zum Abteilungsleiter des anderen Bereichs bestellt, mit dem Ihr Team sagen wir mal… gelegentlich im Clinch liegt?
Auf einer Skala von 1-10:
Wie gut arbeiten Sie Hand in Hand?
Wie gut sprechen Sie Ihre Aktivitäten ab?
Wie gut ist Ihr formeller und informeller Austausch mit Ihrem Kollegen?
Halten Sie die Antworten auf diese Fragen mit Hilfe der Skala schriftlich fest.
Sprechende Menschen helfen sich selbst
Und fragen Sie doch Ihren Kollegen beim nächsten Mal, wie er das sieht. Das könnte ein spannendes Gespräch werden.
Wie verbessern Sie nun die Qualität Ihrer Zusammenarbeit?
Von einem meiner Kunden, dem Commercial Director eines sehr erfolgreichen mittelständischen Unternehmens, habe ich eine effektive Variante gelernt.
Er fragt seine Kollegen einmal im Jahr: „Was kann ich tun, damit wir noch besser zusammenarbeiten?“
Mit dieser Frage tun Sie mehrere Dinge auf einmal:
- Sie gehen in die Verantwortung. Sie beschuldigen nicht andere, sondern Sie fassen sich an die eigene Nase. Damit leben Sie vor, sich kritikfähig zu zeigen und so selbst Dinge zu verbessern.
- Gleichzeitig inspirieren Sie Ihren Gesprächspartner, sich ebenfalls selbstverantwortlich zu verhalten. Dies ist zwar keine direkte, logische Folge, aber es spricht einiges dafür, dass Sie damit auch die Selbstkritikfähigkeit Ihres Kollegen erwecken.
- Sie gehen nicht vorwurfsvoll in das Gespräch, sondern offen und zuhörend. Nur mit Zuhören haben Sie eine Chance, einen Konflikt zu lösen – ganz gleich, ob großer oder kleiner Konflikt.
Übrigens: In dem spannenden Buch „Der lange Weg zur Freiheit“ von Nelson Mandela beschreibt Mandela, wie der weise Vorsitzende seines Stammes, in dem Mandela aufwuchs, sich immer mit viel Geduld die Meinungen aller ausführlich angehört hat. Erst dann sprach er und tat seine eigene Meinung kund. „Zuhören“ ist eine der am meisten unterschätzten Management-Fähigkeiten. Mehr dazu können Sie in meinem Blog Impuls 191 Teil 1 und Teil 2 lesen oder in meinem Podcast Episode 8a und 8b „Zuhör-Qualität“ hören.
Gehen Sie mit dem Abteilungsleiter des anderen Teams zusammen Mittag essen oder finden Sie eine andere passende Gelegenheit, sich entspannt für 15-30 Minuten auszutauschen. Ohne Terminhektik und nicht zwischen Tür und Angel. Wenn es Ihnen ernst ist, Ihre Arbeitsbeziehung zu verbessern, dann funktioniert das nur mit Zeit, Zuhören und Offenheit für die Perspektive des anderen.
Wiederholen Sie diesen Austausch einmal im Quartal und tragen Sie den nächsten Termin direkt am Ende des Gespräches in Ihren Kalender ein. So stellen Sie die Weichen für eine gute Zusammenarbeit. Sollten Sie eher der spontane Netzwerker sein, so führen Sie den Austausch gern ohne feste Termine weiter. Aber nur, wenn das im Tagesgeschäft tatsächlich stattfindet – sonst tragen Sie regelmäßig wiederkehrende Termine in Ihren Kalender ein.
2. Was können Ihre Mitarbeiter tun?
Verlangen Sie von Ihren Mitarbeitern dasselbe. Fordern Sie explizit ein, dass jeder aus Ihrem Team einmal im Monat mit einem der Kollegen aus dem anderen Bereich Mittag isst.
Fordern Sie ein, dass einmal im Jahr jeder Ihrer Mitarbeiter jedem relevanten Kollegen die Frage stellt: „Was kann ich tun, um unsere Zusammenarbeit zu verbessern?“
Seien Sie ein strenger Lehrer: Fragen Sie ab!
Und fragen Sie Ihre Mitarbeiter ab wie in der Schule. Wenn die Kooperation eher schlecht ist, dann wird sich niemand aus Ihrem Team auf diese Netzwerkaufgabe stürzen.
Setzen Sie den Punkt „Netzwerken und Zusammenarbeit mit der Abteilung X“ alle zwei Monate auf die Agenda Ihres Teammeetings.
Lassen Sie dann jeden Mitarbeiter kurz sprechen:
- Wie viele Netzwerkkontakte haben stattgefunden? Spontan oder geplant? Beim Mittagessen oder bei welcher Gelegenheit? Mit wem? Und, nur zur Klarstellung: Ein Projektgespräch ist kein Netzwerktreffen!
- Was hat der Mitarbeiter vom Kollegen Spannendes erfahren?
- Welches Beispiel für eine positive Zusammenarbeit auf Arbeitsebene oder sogar privat kann jeder Mitarbeiter benennen?
So erleben Ihre Mitarbeiter am eigenen Leibe, dass die Zusammenarbeit einen hohen Stellenwert hat. Stück für Stück wird sich die Zusammenarbeit verbessern.
3. Was kann Ihr Team tun?
Setzen Sie sich für exakt 60 Minuten mit Ihrem Team zusammen. Jedes Teammitglied bereitet sich wie folgt auf dieses Meeting vor:
- Was sind Beispiele für gute Zusammenarbeit mit der Abteilung X?
- Was sind Beispiele für suboptimale Zusammenarbeit mit der Abteilung X?
- Welche konkreten Veränderungen sollten wir anstoßen?
Die Antworten schreibt jedes Team-Mitglied auf Moderationskarten mit dickem schwarzem Edding vor.
Nun sammeln Sie die Antworten an der Wand, sortieren ähnliche Aspekte zusammen und identifizieren per Abstimmung, z. B. drei Stimmen pro Person, die wichtigsten Prioritäten.
Anschließend definieren Sie 2-3 Maßnahmen, die Sie konkret in den kommenden 4-6 Monaten angehen. Wiederholen Sie dieses Meeting 4-6 Monate später je nach Dringlichkeit. Lassen Sie sich über die Fortschritte im zweimonatigen Takt im Teammeeting berichten.
Gute oder schlechte Gewohnheiten? Sie haben die Wahl!
Gute oder sehr gute Zusammenarbeit zwischen Abteilungen ist wie eine Gewohnheit. Eine Gewohnheit hat lange gebraucht, um eine Gewohnheit zu werden. Entsprechend benötigen Sie auch viele Impulse und Erinnerungen, um neue Gewohnheiten zu entwickeln.
Mehr Tipps zum Thema „Gewohnheiten und Disziplin“ erhalten Sie im Blog Impuls 196 oder im Podcast Episode 11 „Umsetzungs-Disziplin und Gewohnheiten“.
Mit diesen Maßnahmen sorgen Sie systematisch dafür, dass sich die Zusammenarbeit verbessert und Sie auch bessere Geschäftsergebnisse erzielen.
Ohne Schmierstoff läuft es nicht: Das WIE
Unser Fokus liegt meist auf dem WAS, selten auf dem WIE. Doch wenn das WIE nicht funktioniert, dann funktioniert auch das WAS nicht.
Es liegt wie so oft bei Ihnen als Führungskraft.
Wollen Sie Zusammenarbeit?
Wollen Sie die Silos aufbrechen?
Dann legen Sie los.
Es ist möglich und Sie haben es in der Hand!
Gorbatschow sagte einmal: „Man ist entweder Teil des Problems oder Teil der Lösung. Und ich habe mich entscheiden, Teil der Lösung zu sein.“ Ich füge gern einen Satz hinzu: „Es gibt nichts dazwischen.“ Und möchten Sie gern Teil des Problems sein? Nein? Das dachte ich mir.
Falls Sie mehr Details benötigen, dann lesen Sie gern in meinem Buch „Der Chef, den keiner mochte“ nach, im Kapitel 6 „Silo-Denke ade“.
Viel Erfolg,
Ihr Markus Jotzo
Wenn Sie Unterstützung bei diesem oder anderen Führungsthemen benötigen, dann schreiben Sie mich an unter service@markus-jotzo.com oder rufen mich an: +49 40 60 59 29 56.