Impuls 181. Hilfe, ich mutiere zum Bayern-Fan!
Das nenne ich mal Konsequenz! Es ist der 28.9.2017. Die Bayern sind auf dem dritten Platz der Bundesliga, verlieren 0:3 in Paris und feuern ihren Trainer.
Das nenne ich Führung!
Nicht, dass man nicht performende Mitarbeiter sofort rausschmeißen sollte. Im Gegenteil. Ich bin ein Fan davon, Erwartungen klar zu äußern, die Bedenken des Mitarbeiters anzuhören und dann mit dem Mitarbeiter gemeinsam einen exakten Verbesserungsplan zu erarbeiten. Erst wenn das und regelmäßige Folgegespräche nicht ausreichend greifen, ist es eine gute Idee, die Reißleine zu ziehen.
Genau hier mangelt es bei vielen Führungskräften. Zwar sprechen die Chefs schon an, dass sie unzufrieden sind. Aber:
- Oft ist dem Mitarbeiter das nicht so richtig klar. Dieser denkt dann „So schlimm ist es nun auch wieder nicht …“
- Oder Mitarbeiter geht frustriert mit geschwächter Energie und wenig Selbstbewusstsein aus dem Gespräch, weil er sich nur zusammengefaltet fühlt.
- Oder aber der Chef hat mit hohem Redeanteil dem Mitarbeiter „seine Lösung“ diktiert, die der unwillige Mitarbeiter nun bestenfalls lustlos umsetzen wird.
Warum ist das so?
Die zu lieben Chefs, die Kuschelchefs meinen es wirklich gut! Und richten Schaden an. Sie packen die Minderleistung verbal in Watte und hoffen, dass der Mitarbeiter das schon verstehen wird. Doch dieser sieht in der Folge wenig Handlungsbedarf und die Verbesserung bleibt aus. Und die dominanten Chefs hauen entweder zu sehr drauf oder entmündigen den Mitarbeiter mit ihrer eigenen Lösung.
Angst! Angst vor der Konfrontation
Na klar, wir werden alle gern gemocht! Na klar, es gefällt mir, wenn meine Mitarbeiter gut über mich denken und sprechen. Und na klar, es freut mich, wenn wir gut miteinander auskommen und auch zusammen lachen können.
Doch das alles ist nicht das Ziel von Führung. Das Ziel von Führung sind primär die Ergebnisse. Dass lediglich Mitarbeiter, die sich wohlfühlen gute Ergebnisse produzieren, ist einfach falsch. Die Mitarbeiter sollen sich grundsätzlich wohl und sicher fühlen. Aber nach einem Fehler oder bei Minderleistung geht es nicht ohne Druck und Schmerz. Fehler machen niemandem Spaß! Wenn null Druck da ist, hat ein Mitarbeiter einfach keinen Anlass, sich anders zu verhalten.
Wenn der Mitarbeiter weiß, dass sein Chef unzufrieden ist, dann geht es ihm sicher nicht hervorragend. Doch trotzdem kann ein Mitarbeiter mit dieser suboptimalen Gemütslage anpacken, bessere Ergebnisse erreichen und die Unzufriedenheit des Chefs ausgleichen.
Die Angst des Chefs vor Konfrontation führt aber dazu, dass der Mitarbeiter weiterhin nicht performt. Aus der Angst des Chefs vor der Konfrontation mit dem eigenen Mitarbeiter wird dann eine konkrete Konfrontation mit den eigenen Chef, weil dieser dann unzufrieden ist.
Wie geht es besser?
Eine klare Ansage, dass die Leistung nicht passt mit ZDF – Zahlen, Daten, Fakten – oder mit konkreten Beispielen. Bei sehr selbstbewussten, nicht einsichtigen Mitarbeitern braucht es auch einmal eine prozentuale Definition, um die Sichtweise des Chefs zu verstehen: „Du entsprichst meinen Erwartungen nur zu 60%.“ Grundregel für diese Gespräche: Der Ton macht es ertragbar, die Worte konfrontieren. Stetige Wertschätzung ist das Fundament des Hauses, auf dem das Kritikgespräch steht. Sonst reagiert der Mitarbeiter ebenfalls nicht wertschätzend.
Viele Chefs ignorieren diese Logik
- Wer muss zu einem Großteil die Lösung für die weitere Vorgehensweise benennen? Genau, der Mitarbeiter. Sonst ist seine Umsetzungslust gering.
Fehler des Chefs: Er selbst benennt die nächsten Schritte zur Lösung - Wie stark wird sich der Mitarbeiter an der Lösungsfindung beteiligen, wenn er nicht einsieht, dass er die Verantwortung für bessere Ergebnisse selbst trägt?Genau, wenig bis gar nicht.
Fehler des Chefs: Er geht zur Lösungsfindung über, während der Mitarbeiter noch gar nicht eingesehen hat, dass er selbst einen Anteil am unbefriedigenden Ergebnis hat. - Der Mitarbeiter hat eine andere Sichtweise und echte Einwände gegen das vom Chef gewünschte Ergebnis.
Fehler des Chefs: Diese Einwände eloquent überquatschen. Besser wäre: Die Einwände ernst nehmen und jeden einzelnen Einwand inhaltlich zufriedenstellend beantworten.
Primäres Ziel im Gespräch ist es daher, dass der Chef den Mitarbeiter zur Einsicht seiner Verantwortung bringt. Wie geht das:
- Undiskutierbare ZDF finden und mit wenig Worten benennen – bei Bedarf mehrmals.
- Die Perspektive wechseln: Fragen Sie: „Wenn Sie Chef wären und Ihr Mitarbeiter würde diese Ergebnisse – mit ZDF benannt – produzieren, was würden Sie denken und tun?“
- Fragen Sie: „Was sind die negativen Konsequenzen für …, wenn dies die Ergebnisse sind?“
Übrigens:
Sollte Ihr Mitarbeiter Ihre Fragen nicht beantworten und das Thema wechseln. Gehen Sie nicht mit, sondern kehren Sie sehr zeitnah wieder zu Ihrer Frage zurück und wiederholen Ihre Frage mit langsamen Worten mehrmals. Eine Einsicht erzielen Sie bei nicht-kooperierenden Mitarbeitern eher durch Fragen, nicht durch texten.
Steter Tropfen hölt den Stein
Bleiben Sie wertschätzend. Und vor allem bleiben Sie hartnäckig dran. Vereinbaren Sie Folgetermine mit Datum, Uhrzeit und Ort in beiden Kalendern vermerkt. Ihr Mitarbeiter möchte dann im Folgetermin zwei Dinge: erneuten Schmerz oder Kritik vermeiden und Lob für seine signifikanten Fortschritte.
Ein einziges Gespräch verpufft, da der Mitarbeiter sich erst neue Gewohnheiten antrainieren muss, bis er dauerhaft auf einem höheren Leistungsniveau landet. Bis dahin begleiten Sie ihn mit Folgeterminen, die Sie am Ende des Gesprächs festlegen und im Kalender fest eintragen.
Langfristig wird Ihre Mühe belohnt werden – wenn Sie es konsequent dranbleiben.
Viel Erfolg,
Ihr Markus Jotzo
PS: Und die Bayern? Haben die Ihrem Ancelotti, dem dreifachen Championsleague-Sieger eine Chance gegeben, an sich zu arbeiten? Haben Sie ihm aufgezeigt, was genau der Vorstand von ihm verlangt, um eine gemeinsame Zukunft zu haben?
Bestimmt haben Sie das! Bestimmt haben Sie Klartext geredet. Die sind ja keine Anfänger. Da geht es um viel Geld, Ruhm und Ehre. Das letzte Kapitel hat der Vorstand der Bayern mit seinem Trainer nun geschrieben. Ich bin gespannt auf das nächste Kapitel – und freue mich, dass die Liga endlich wieder etwas spannender wird als in den letzten Jahren!